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“Die Anstalt” vom 24.5.2016

“Als ihr dies zu bedenken gegeben wurde, gestand Malmström ein, dass ein Handelsabkommen niemals zuvor einen solch leidenschaftlichen und umfassenden Widerstand erfahren hat. Dennoch, als ich die Handelskommissarin dazu befragte, wie sie ihre anhaltende Unterstützung für die Abmachung in Anbetracht solch eines massiven öffentlichen Widerstands fortsetzen könne, kam ihre Antwort eiskalt: >>Ich nehme mein Mandat nicht von den europäischen Bürgern entgegen.<<”1

(I didn’t think TTIP could get any scarier, but then I spoke to the EU official in charge of it, The Independent, 12.10.2015)

Die tausenden Seiten Vertragstext, wie sie sich unter dem Kürzel TTIP seit nunmehr mehreren Jahren ankündigen (und natürlich auch von uns aufgegriffen wurden, u.a. hier und hier), verdichten den neoliberalen Zeitgeist zu einer umfassenden Zusatzansammlung von rechtswirksamen Herrschaftsansprüchen, bei denen “die Märkte” als abstrakter Mechanismus gegen Demokratie und Gestaltungsmöglichkeit des Gemeinwesens noch einmal vertieft und völkerrechtlich nahezu unumkehrbar in ihrer gesellschaftsdiktierenden Stellung gemacht werden, als es ohnehin schon u.a. durch das europäische Vertragswerk der beobachtbar folgenschwere Fall ist (Stichworte: Maastricht, Lissabon, Fiskalpakt…). Begründungen für die überwältigend abgelehnte Unternehmung gibt es mittlerweile keine annähernd glaubwürdigen mehr hierzulande, dennoch macht man weiter. Wohl auch, um den nötigen Windschatten für den Trostpreis zu erzeugen.
“Die Anstalt” berichtet, erinnert und klärt auf. Einmal mehr wird Satire zur Realität, wo Realität zur Satire wird:

“>>Die Anstalt<< vom 24.5.2016”

  1. Übers. Maskenfall, Original: “When put to her, Malmström acknowledged that a trade deal has never inspired such passionate and widespread opposition. Yet when I asked the trade commissioner how she could continue her persistent promotion of the deal in the face of such massive public opposition, her response came back icy cold: >>I do not take my mandate from the European people.<<“ []
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“Change” diesmal ohne Geld von oben

Es ist schon beeindruckend, was sich nach mehreren Jahrzehnten demokratischer Entleerung, institutionalisierter Menschenfeindlichkeit und forcierter ökonomischer Ausgrenzung aktuell in den Vereinigten Staaten beobachten lässt. Wer hätte gedacht, dass das Land, in dem sich der Neoliberalismus unter allen westlichen Ländern in seiner rohesten und rücksichtslosesten Variante durchgesetzt hat, eine Bewegung hervorbringt, die aktuell einen Mann zumindest zum gefühlten Präsidenten macht, der etwas tut, von dem man im Mainstream der meisten europäischen Länder derzeit nur träumen kann: die zentralen und drängendsten gesellschaftlichen Probleme unverblümt und ohne Bückling vor den herrschenden Kreisen auf die Agenda zu setzen, um so die Köpfe der Menschen zu defragmentieren und ein kollektives Bewusstsein zu schaffen, das sich so einfach nicht mehr beseitigen lassen wird. Weiterlesen

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“Die Anstalt” vom 5. April 2016

“Die Anstalt” beschäftigt sich diesmal mit einem Thema, an dem man trotz aller Bemühungen in Sachen Agenda (Re)Setting zur Statuskonservierung auch hierzulande lang nicht mehr herumkommt. Um zu spoilern könnte man Kathrin Hartmann aus 2012 zitieren:

“Doch anstatt eine Politik zu hinterfragen, die die Reichen reicher und die Armen ärmer macht, identifiziert sich die Mittelschicht lieber mit den Millionären und grenzt sich nach unten ab. Damit arbeitet sie am eigenen Abstieg, denn das soziale Stockholmsyndrom legitimiert sämtliche politischen Entscheidungen, die der Allgemeinheit nur schaden. Mit anderen Worten: Es wird weiter von unten nach oben verteilt.”

“Die Anstalt vom 5. April 2016” (YouTube-Kanal von “Der Neue aus der Anstalt”)

Wer ein paar Begleitdaten haben möchte, kann z.B. hier auf ein Angebot unsererseits zurückgreifen.

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Die Zeit über Sanders: Wenn ‘Liberale’ immer noch vom “Ende der Geschichte” überzeugen wollen

Es ist kein Geheimnis, dass die Lieblingsinterpretation im westlichen Medienmainstream, immer wenn es um die Frage ging, in welcher Welt wir denn wohl leben, über mehrere entpolitisierende Jahrzehnte hinweg jene von der ideologielosen, liberalen Demokratie war, in der politische Prozesse keine Angelegenheit mächtiger Lobbies, ökonomischer Aneignungsinteressen und einschlägig ökonomistischer Dogmen waren, sondern eben eine der “ökonomischen Vernunft”, des “Sachzwangs” und der “Alternativlosigkeit”. Wer im neunten Jahr nach Ausbruch der Finanzkrise und im 16. Jahr nach (verstärkter) In-Brand-Setzung des Nahen und Mittleren Osten in die Welt schaut, wer die Radikalisierung auf der Rechten betrachtet und ihr Potential erahnt in Anbetracht eines Zeitgeistes, der mit seinem Kosten-Nutzen- und Konkurrenzfanatismus – aber ebenso durch gezielte “Reform”propaganda (Stichwort: “Es gibt kein Recht auf Faulheit”) – in vielen Köpfen Furcht, Wut und die “Ideologie der Ungleichwertigkeit” (Heitmeyer) hervorgefördert hat – was nun wiederum an den Leidtragenden der westlichen Geopolitik ausgelebt wird – der oder die weiß, dass die Zeiten stetiger Fortführung vorüber sind. Weiterlesen

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DiEM 25 – 20:30 Uhr – Livestream von der Volksbühne Berlin

Hier ist der Livestream zu DiEM 25 [Democracy in Europe Movement 2025] abrufbar, der heute Abend (9.2.) um 20:30 Uhr zur Gründungsveranstaltung der Demokratiebewegung, zu der u.a. Yanis Varoufakis aufruft, von der Volksbühne Berlin aus übertragen wird:

http://www.volksbuehne-berlin.de/livestream

„Wenn uns 2015 etwas gelehrt hat dann, dass Europa in Schwierigkeiten steckt und dass dessen Schicksal nicht denen überlassen werden darf, die gleichermaßen undemokratisch wie wirkungslos marode Institutionen leiten. Am 9. Februar 2016 ist die Volksbühne am Rosa-Luxemburg-Platz Gastgeber der erstmaligen Vorstellung der pan-europäischen Bewegung DiEM 25 [Democracy in Europe Movement 2025], die mit einem einfachen und radikalen Ziel antritt: Europa zu demokratisieren!“

(Volksbühne Berlin, DiEM 25 – Announcing the Democracy in Europe Movement 2025)

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Fall Assange: Wenn UN-Urteile nicht ins westliche Bild passen

Nachdem die UN-Arbeitsgruppe über willkürliche Inhaftierung Julian Assanges Fall nun über ein Jahr lang untersuchte und dabei natürlich auch die schwedischen und britischen Behörden einbezogen hat, passt das Ergebnis den Verantwortlichen (nicht nur) in diesen beiden Ländern offenbar gar nicht. Der britische Außenminister Philip Hammond verwarf das Urteil der Arbeitsgruppe, die zu dem Schluss kam, dass Assange aufgrund der Handlungsweisen Großbritanniens und Schwedens sich in einem Zustand willkürlicher und somit unrechtmäßiger Haft befindet, kurzerhand als “lächerlich” und ließ durchblicken, dass daraus keine Konsequenzen folgen werden. Somit wird also jener Instanz, die noch im Falle der burmesischen Oppositionspolitikerin Suu Kyi als hochkarätiger Bezugspunkt galt, einfach die Glaubwürdigkeit abgesprochen. Internationales Recht darf eben nicht zuungunsten westlicher Machtinteressen ausgelegt werden, wo käme man da hin? Weiterlesen

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Das außenpolitische Prinzip der Bundesregierung offenbart sich

Man muss sie zur Kenntnis nehmen, jene Aussagen, die erst kürzlich durch die Bundespressekonferenz schallten und die wieder einmal ein diagnostisches Stück Zeitgeschichte sind, indem sie das Weltverständnis abbildeten, von dem die oberste Führungsriege hierzulande ihre Bürgerinnen und Bürger überzeugen will:

Aus unserer Sicht ist der mittlere Osten der Welt etwas schuldig. Seit Jahren bemüht sich die internationale Gemeinschaft und auch Deutschland darum, bei den vielen Krisen und Konfliktherden in der Region – Herr Seibert hat einige von ihnen aufgezählt, im Jemen, in Syrien, im Irak, im Nahost-Friedensprozess und anderswo, dazu beizutragen, dass die Konflikte eingedämmt und irgendwie die Krisen überwunden werden können.“

(Martin Schäfer, Sprecher des Auswärtigen Amtes, Bundespressekonferenz vom 4.1.2016)

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Demokratie à la Gauck vs. Democracia Real Ya!

Wem die Festtage zu unpolitisch sind, der oder die hat evtl. die Gelegenheit, die kollektiv etablierte Phase mehr oder minder oberflächlicher Besinnlichkeit und geistiger Leerläufe jenseits familiärer Auseinandersetzungen mit ihren Kalorienüberschüssen im Dienste seelischer Stabilisierung dazu zu nutzen, einen kleinen Realitätscheck zu machen.

Wo befinden wir uns? Im Einzelnen kommt es darauf an, wer wir sind, doch im Gesellschaftlichen lassen sich wie immer Gemeinsamkeiten feststellen, die alle betreffen. Die Welt ist politischer geworden, Bewegungen erwachen, politische Einstellungen polarisieren sich und drücken sich immer stärker auch auf der Handlungsebene aus. Angestaute Widersprüche entladen sich mehr und mehr auch zwischen den Häuptlingen der „westlichen Wertegemeinschaft“. Diese Feststellung machte nun auch Herr Gauck in seiner Weihnachtsansprache:

„Wir rufen die zahlreichen Krisen auf, die sich überlagern und fast alle andauern und bei zahllosen Menschen Unsicherheit, oft auch Angst auslösen. Ich nenne nur die Finanzkrise und die zunehmenden Differenzen in der Europäischen Union. Ich nenne die intensiven Debatten um die Zukunft Griechenlands. Ich denke auch an die Ukraine, an Syrien, Afghanistan, die vom Terror bedrohten Gebiete Afrikas. Und heute, Weihnachten, da denke ich besonders an Menschen, die wegen ihres christlichen Glaubens verfolgt werden.“

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“Zeit für die Mutigen” – ein corbynesker Wind aus Bayern

“Der SPD ist ihre sozialdemokratische Erzählung abhanden gekommen. Sie wird von vielen Menschen nicht mehr als zuverlässiger Anwalt ihrer sozialen Interessen wahrgenommen. Denn im Laufe der letzten Jahrzehnte haben sich auch die Führungseliten der Partei vom Heilsversprechen des Neoliberalismus blenden lassen und wurden von dessen medialer und politischer Wirkungsmacht überwältigt und gefügig gemacht. Das ist der eigentliche Grund, warum die Sozialdemokratie in ganz Europa bislang keine eigene wirtschaftspolitische Antwort auf die Finanzkrise gefunden hat, die von ihren Verursachern zur Schuldenkrise umdefiniert wurde, und weshalb sie in fast allen Ländern Europas das Sparprogramm der Rechten zwar abschwächt, aber im Grunde unterstützt. Doch mit dieser Beihilfe an der neoliberalen Gesellschaftszerstörung untergräbt sie ihr eigenes Fundament. […]
Wir ordnen uns der Spielordnung nicht unter. Wir wollen nicht länger auf Einsicht an der Spitze warten, sondern den Wandel selbst herbeiführen. Wir wollen wieder wirkliche Sozialdemokraten sein. […]
Der ethische Anspruch sozial – demokratischer Außenpolitik ist internationale Solidarität und die Menschenrechtscharta der Vereinten Nationen, nicht die Exportbilanz der deutschen Rüstungsindustrie. Außenpolitik ist Friedenssicherung und nicht Fortsetzung der Wirtschaftspolitik mit anderen Mitteln.”

(aus dem Manifest “An die Mutigen”, SPD-Basisinitiative „Zeit für die Mutigen“, 2015)

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Krieg und Deutschlands unverantwortliche “neue Verantwortung”

Mehr und mehr lässt sich beobachten, wie auch die rechtsstaatliche Oberfläche in den großen Fragen einfach ausgesetzt wird. Die imperialen Kriege brauchen sich nicht mehr am Völkerrecht zu stören, die Erfahrungen des Zweiten Weltkriegs sind lang her und die westliche Doppelmoral ausgiebigst eingeübt, ebenso wie Orwells Newspeak in der Führungsetage: “Das ist kein Kriegseinsatz, sondern ein Signal der Solidarität mit Frankreich.” (Gerda Hasselfeldt, FR vom 1.12.).

Immerhin sind einige Völkerrechtler nicht bereit, ihr Fach einfach in den Schredder der Machtinteressen unserer Zeit zu schieben. Ebenso, wie viele Menschen hierzulande nicht bereit sind, das Schweigen der Mehrheit vom Kriegsgegröhle der Unverantwortlichen deuten zu lassen. Wir verlinken daher auf einen Redebeitrag der langjährigen IPPNWlerin und Ärztin Mechthild Klingenburg-Vogel, die ihre Stimme gegen den deutschen Kriegseinsatz in und um Syrien erhebt:

“Redebeitrag Mechthild Klingenburg-Vogel vom 8.12.2015 in Kiel” Weiterlesen