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Leopard-II-Lieferungen: Gesinnungsethik statt Verantwortungsethik

Die veröffentlichte Meinung scheint derzeit nur noch Leopard-II-Lieferungen in die Ukraine zu kennen, wobei dieses brisante Thema – es handelt sich um schweres Kriegsgerät, das nicht allein zu Verteidigungszwecken eingesetzt werden kann und soll – deutlich unterkomplex diskutiert wird, was auch Laien auffallen dürfte. Man vermisst nicht nur genaue Ziele, die mit den Panzern verfolgt werden sollen, sondern v.a. auch das Durchdenken von Folgeszenarien: Wie wird etwa Russland reagieren, wenn die ukrainische Armee bis zur Krim vordringt? Wer diese Fragen nicht ernsthaft durchdenkt, muss sich den Vorwurf gefallen lassen, aus Aktionismus und reiner Gesinnungsethik heraus zu handeln, nicht hingegen aus Verantwortungsethik, die die Konsequenzen ihres Handelns genau bedenkt und abwägt. Ich verurteile den russischen Angriffskrieg auf das Schärfte und bin schockiert über die russische Aggression, die so viele Menschenleben fordert. Dass jedoch in der veröffentlichten Meinung der Denkhorizont möglicher Konfliktlösungen mittlerweile in cm bemessen werden kann, ist ebenfalls ein überaus schockierender Umstand. Laut Umfragen stehen auch große Teile der Bevölkerung derartigen Waffenlieferungen sehr kritisch gegebenüber, in den Hauptmedien spiegelt sich dies jedoch mit der moralischen Druck- und Drohkulisse, die aufgebaut wird, nicht wider. Einmal mehr gewinnt man den Eindruck, dass hier neutrale Berichterstattung, die mehrere Seiten beleuchten und unterschiedliche Stimmen zu Wort kommen lassen soll, der Verbreitung persönlicher Befindlichkeiten und Meinungen gewichen ist. Auf die heute Sendung vom 21. Januar sei hier exemplarisch verwiesen. Die Stilmittel sind hier geradezu mit den Händen greifbar. Wo mit erfahrenen militärischen und politischen Expert*innen in diesen Fragen über die Zielsetzung und mögliche Konsequenzen von schweren Panzerlieferungen vor dem Hintergrund der derzeitigen Gesamtlage hätte diskutiert werden müssen, wird stattdessen ein ausgiebiges hautnahes Interview sympathischer ukrainischer Panzernfahrer an der Front durchgeführt, die traurig über ihre alten Gerätschaften sind.

Als Kontrapunkt sei an dieser Stelle daher auf ein Interview mit dem ehemaligen Generalinspekteur der Bundeswehr und Vorsitzenden des NATO-Militärausschusses, Harald Kujat, verwiesen, in dem dankenswerter Weise der größere Rahmen, sowie Sinnhaftigkeit und Gefahr von immer umfangreicherem Kriegsgerät angesprochen werden:

“Ukrainekonflikt: «Jetzt wäre der richtige Zeitpunkt, die abgebrochenen Verhandlungen wieder aufzunehmen»” (Zeitgeschehen im Fokus, Januar 2023)

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Makronom: “Zahlt Italiens Bevölkerung den Preis für die Sparpolitik?”

Franz Prante, Alessandro Bramucci und Achim Truger stellen in einem aufschlussreichen Artikel die Entwicklung der italienischen Gesundheitskapazitäten seit den 1990er Jahren dar und stellen Bezüge zu der Kürzungspolitik her, wie sie einerseits durch die EU-Konvergenzkriterien und später andererseits durch die Nachfinanzkrisen-Auflagen motiviert bis bedingt war, Zitat:

“Besonders tragisch erscheint in diesem Zusammenhang die erhebliche Verringerung der Zahl der pneumologischen Betten während der Phase des verschärften Sparkurses nach 2010 in Italien. Nach Angaben des italienischen Gesundheitsministeriums ist die Zahl der pneumologischen Betten von 4.414 im Jahr 2010 auf 3.573 im Jahr 2018 zurückgegangen, was einem Rückgang von 19 Prozent entspricht.”

“Zahlt Italiens Bevölkerung den Preis für die Sparpolitik?” (Makronom, 29.4.2020)

Wie leicht der Gesundheitssektor rigiden Kürzungsauflagen zum Opfer fällt, ließ sich besonders auch im Falle Griechenlands beobachten, das nun ein Mahnmal für Italien ist, sich nicht unter ESM-Konstruktionen zu begeben:

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Zwei, drei ehrliche Vergleiche und die Grundrente wird peinlich

Erstaunlich, wie viel zähes Ringen es um die #Grundrente gab und wie grandios dann ihr Erfolg gespriesen wurde. Im Hintergrund das Gemurre derjenigen, deren Gebrüll zuvor ihre Durchsetzung letztlich nicht verhindern konnten.

So gern man ja mitloben möchte, die Betrachtung des wirklichen Outputs, der konkreten Zahlen, macht deutlich, dass es sich leider um ein Strohfeuer handelt. Wie Butterwegge ausführte: Bei angesetzten 1,5 Mrd. Euro Kosten jährlich, die grob 1,5 Mio. altersarmen Menschen helfen sollen, bleiben pro Jahr im Durchschnitt 1000 Euro je Betroffenem übrig, im Monat somit 80 Euro, um die ihre oder seine bisherige Rente im Mittel aufgestockt wird. Das ist spürbar, hat mit einer signifikanten Verbesserung der Altersarmutssituation jedoch nichts zu tun. Und dennoch all das Geschrei der Konservativen und all die PR-Gelder der INSM, um das Ergebnis zu verhindern. Man muss sich schon an den Kopf fassen in einem Land, das Jahr für Jahr rund 200 Mrd. Euro überproduziert (Exportüberschuss), also für 200 Mrd. Euro Menschen zusätzlich versorgen könnte, anstatt die Beträge nach außen als bloße Finanzforderungen anzuhäufen, die lediglich Kapitaleigner hierzulande stolz machen, während es zugleich nach innen künstliche Knappheiten erzeugt und Millionen Menschen in die Altersarmut schickt, von denen immer mehr an den Mülltonnen durch ihr Flaschengeklimper geradezu sinnlich erfahrbar werden. Weiterlesen

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BVerfG: Sanktionen teilweise verfassungswidrig

“[…] hat der Erste Senat des Bundesverfassungsgerichts mit heute verkündetem Urteil zwar die Höhe einer Leistungsminderung von 30 % des maßgebenden Regelbedarfs bei Verletzung bestimmter Mitwirkungspflichten nicht beanstandet. Allerdings hat er auf Grundlage der derzeitigen Erkenntnisse die Sanktionen für mit dem Grundgesetz unvereinbar erklärt, soweit die Minderung nach wiederholten Pflichtverletzungen innerhalb eines Jahres die Höhe von 30 % des maßgebenden Regelbedarfs übersteigt oder gar zu einem vollständigen Wegfall der Leistungen führt. Mit dem Grundgesetz unvereinbar sind die Sanktionen zudem, soweit der Regelbedarf bei einer Pflichtverletzung auch im Fall außergewöhnlicher Härten zwingend zu mindern ist und soweit für alle Leistungsminderungen eine starre Dauer von drei Monaten vorgegeben wird. Der Senat hat die Vorschriften mit entsprechenden Maßgaben bis zu einer Neuregelung für weiter anwendbar erklärt.”

(Pressemitteilung zum Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 5.11.2019 – Sanktionen zur Durchsetzung von Mitwirkungspflichten bei Bezug von Arbeitslosengeld II teilweise verfassungswidrig)

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Internationaler Gerichtshof: UK muss Chagos-Archipel an Mauritius und die deportierte Bevölkerung zurückgeben

Stellen Sie sich vor, Sie sind eine Kolonialmacht Mitte der 1960er Jahre. Es sind Verhältnisse entstanden, in denen Sie von Ihren bisherigen imperialen Ansprüchen ablassen müssen. Die unterdrückten Länder haben sich erhoben, die Charta der UN steht ihnen entgegen und nun schaffen auch noch Resolutionen der Generalversammlung selbiger UN Völkergewohnheitsrecht in diesen Fragen,  so dass sich einiges gegen ihre lieb gewonnene Rolle als Kolonialherr richtet. Kurz: Es ist eine Welt entstanden, in der auch rohe Gewalt nicht mehr Erfolg dabei verspricht, dass Sie die “Besitzungen” einfach so behalten können. Sie stehen also kurz davor, die verbliebenen Länder und ihre Menschen in die rechtliche Unabhängigkeit zu entlassen. Eines dieser Territorien liegt nun jedoch zentral im Indischen Ozean und ihr bester Freund möchte es unbedingt nutzen, um darauf eine große Militärbasis zu errichten.

Was tun Sie also? Sie spalten das Territorium ab von der Kolonie, zu der es bisher rechtmäßig gehörte, kurz bevor diese unabhängig wird, entgegen wegweisender UN-Resolutionen, und vehementer Proteste der Betroffenen. Das Territorium belassen Sie dann in ihrem Besitz. Das Problem jedoch ist, dass rund 1500 Menschen auf der Inselgruppe wohnen. Und diese stehen Ihnen in vielfacher Hinsicht bei Ihrem Vorhaben im Wege und wollen auch nicht aus ihrem zu Hause weichen. Was tun Sie? Genau, Sie zwangsdeportieren diese Menschen und verbieten ihnen, jemals wieder in ihre Heimat zurückzukehren. Weiterlesen

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Einschätzungen und Beobachtungen zur Bewegung der “Gilets jaunes”

Erstaunlich der Blick nach Frankreich, in dem die Bewegung der “Gelbwesten” (“Gilets jaunes“) das ohnehin erschütterte politische System noch weiter erschüttert. Auch wir haben immer wieder Phänomene im Blog behandelt, die eine Krise der politischen Repräsentation aufzeigen, bei der es sich gleichwohl um ein internationales Phänomen handelt. Doch Frankreich sticht einmal mehr dadurch heraus, dass “die Straße” in Form der “Gelbwesten” wiederum ihren Ruf wahr machte und ihre wirklich auserlesenen Eliten jüngst zu Zugeständnissen zwang: Die Steuererhöung auf Benzin und Diesel wird für einige Monate ausgesetzt und auch bei Gas und Strom soll es keine Erhöhungen geben, wie die französische Regierung mitteilte.
Galt Präsident Macron noch vor einiger Zeit als der schillernde Hoffnungsträger, mindestens unter all jenen, die für soziale Verbesserungen weiterhin auf die “Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit” durch (die altbekannten) “Strukturreformen” setzen und die so weiterhin an die Weisheit der Verteilungsergebnisse “des Marktes” glauben, so besitzt der politische Innovator offenbar keine Strahlkraft mehr in Frankreichs breiter Bevölkerung (zurückhaltend formuliert).
Wir verweisen auf einen Artikel des französischen Autors Guillaume Paoli, der eine Einschätzung zur sozialen Zusammensetzung und zum politischen Hintergrund der “Gelbwesten” abgibt:

“Gelbwesten sehen rot: Der Benzinpreis war nur der Auslöser” (Mosaik-Blog, 4.12.2018)

Hier auch noch ein paar Beobachtungen und Einschätzungen unseres in Frankreich angesiedelten Lesers Andreas Meyer (Nachtrag: vielen Dank dafür an ihn!): Weiterlesen

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Friedrich Merz – Die Gelegenheit für einen wirklich sozialen und demokratischen Gegenentwurf

Nachdem nun die parteipolitische Landschaft auch auf der Insel der Exportglückseligen nicht zuletzt nach Hessen- und Bayernwahl gewaltig ins Rutschen geraten ist und die volksparteiliche Konsensfabrikation mit ihren Irreführungsbegriffen (“die Mitte”, “Verantwortung übernehmen”, “Stabilität” etc.) nicht mehr so problemlos gelingen will, wie dies die vielen Jahre zuvor der Fall war, besteht immerhin die Chance, dass endlich jene Widersprüche aufgearbeitet werden, die bislang unter der bleiernen Decke großkoalitionärer “Regierungsverantwortung” konserviert wurden. Die Agenda 2010 und ihre damalige mediale Begleitmusik, die das soziale Klima hierzulande vergiftete, scheint mittlerweile voll eingepreist in den gesellschaftlichen Verhältnissen. Aufarbeiten? Wo kämen wir dahin! Wir waren doch erfolgreich! Und so heißt es seit langem auch, nur noch kleine Stellschräubchen zu drehen, eine Politik eben “mit Augenmaß”, in einem Land “in dem wir gut und gerne Leben” (CDU). All das, durch das viele der Betroffenen unheimlich frustriert wurden, indem ihre Lebenswirklichkeit aus der öffentlich konstruierten Erfolgssphäre einfach ausgeklammert und mit warmen Worten versehen wurde, könnte nun endlich an sein Ende gekommen sein. Keine “Stabilität” und keine “Politik mit Augenmaß” mehr als Chiffre für ein “Weiter so”. Es besteht nun zumindest die Chance auf eine gesellschaftliche Debatte, die klare Gegenentwürfe wieder aufleben lässt. Sozialabbau, Ungleichheitsanstieg und die “marktkonforme Demokratie” sind eben keine Fragen der technischen Umsetzung auf einem unvermeidlichen Kurs in die “Modernisierung”, es sind politische Grundsatzfragen, die davon handeln, welche Interessen, Wertvorstellungen und Weltbilder sich durchsetzen. Weiterlesen

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Fluchtursachen in Subsahara-Afrika – Gastbeitrag von Prof. Klaus-Dieter Kolenda

Klaus-Dieter Kolenda, der vielen Leserinnen und Lesern dieses Blogs von früheren Beiträgen bekannt sein dürfte (z.B. hier oder hier), beschäftigt sich in diesem Artikel mit Fluchtursachen bezogen speziell auf Subsahara-Afrika. Hierbei geht er im ersten Teil auf die Handelspolitik der Europäischen Union ein. Im zweiten Teil stellt er dann das Problem von HIV und AIDS in der Region dar, und zeigt dabei auf, dass auch dieses natürlich eine ökonomische Dimension hat, besonders jedoch als eine weitere Hauptfluchtursache zu betrachten ist. Hier berichtet er auch aus der Perspektive eines Arztes, der sich seit langer Zeit mit dem Thema auseinandersetzt.

Klaus-Dieter Kolenda1

Am 30.8.2018 fand im voll besetzten Legiensaal des Gewerkschaftshauses in Kiel eine von der hiesigen attac-Gruppe organisierte sehr interessante Vortragsveranstaltung über Afrika statt. Mit Afrika war Subsahara-Afrika gemeint. Anne Jung von der Hilfs- und Menschenrechtsorganisation medico international sprach über das Thema „Partnerschaft als Augenwischerei: Wie die Wirtschaftspolitik der Bundesregierung Fluchtursachen schafft“.2 Anschließend kam es zu einer lebhaften Diskussion. Der Link zu einer schriftlichen Fassung von wesentlichen Teilen des Vortrags von Anne Jung findet sich im Internet3. Weiterlesen

  1. Zur Person: Klaus-Dieter Kolenda, Prof. Dr. med., war von 1985 bis 2006 ärztlicher Leiter einer Rehabilitationsklinik in der Umgebung von Kiel. Ab 1990 hat er dort auch viele Patienten mit einer HIV-Erkrankung behandelt. Darunter befanden sich auch Migrantinnen und Migranten aus Afrika. Er arbeitet in der Kieler Gruppe der IPPNW mit. Weiterhin ist er Mitglied von attac, des Freundschaftsvereins Kronshagen-Bushenyi/Ishaka und des Vereins Kieler Ärzte für Afrika (KÄFA) []
  2. Vortragsfolien siehe hier. []
  3. https://www.medico.de/blog/suche-rohstoffe-biete-fluchtursachen-17152/ []
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#Aufstehen – Ein Bewegungspotential mit dem man die Superblase zum Platzen bringen sollte

“Wir wollen etwas Neues: Keine Partei, sondern eine Bewegung für alle, die gemeinsam für unsere Ziele kämpfen wollen. Wir streiten für sichere Arbeitsplätze, höhere Löhne, gute Renten & Pflege, einen Sozialstaat, der vor Abstieg schützt und nicht jedes Lebensrisiko dem Einzelnen allein aufbürdet, für Top-Bildung von der Kita bis zur Universität, bezahlbare Mieten, gerechte Steuern statt Politik für Super-Reiche, Banken und Konzerne, den Erhalt des bedrohten Planeten, den Schutz von Wasser, Luft, Böden, Tieren und Artenvielfalt, für Abrüstung, echte Friedensdiplomatie und Entspannungspolitik, gegen Stellvertreterkriege, Waffenexporte, die Ausplünderung der benachteiligten Länder, die die eigentlichen Fluchtursachen sind. Wir stehen auf gegen Fremdenhass sowie für echte Demokratie ohne Übermacht der Banken, Konzerne und Lobbyisten. Wir wollen neue Mehrheiten in Deutschland und Europa!”

Mal im Ernst, können Sie an diesen Aussagen etwas Ablehenswertes finden? Nein? Und was ist ansonsten so verkehrt an den Bemühungen der Initiator*innen und Unterstützer*innen von #Aufstehen, eine Bewegung anzustoßen, die die eklatanten Ungerechtigkeiten und die mittlerweile selbst für die glühendsten Status-quo-Anhänger*innen sichtbaren Risse, Widersprüche und Zerfallserscheinungen im Gesellschaftssystem aufgreift, um das anzugehen, was jenseits institutioneller Blockaden, Machterhaltungsängste und überkommener Ideologien ohnehin vielen Menschen auf der Seele brennt? Weiterlesen

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Never forget Darling: Die “Marktkonforme” Demokratie ist real – dazu ein Feature von Barbara Eisenmann

“…und insofern werden wir Wege finden, wie die parlamentarische Mitbestimmung so gestaltet wird, dass sie trotzdem auch marktkonform ist.”

(Bundeskanzlerin Angela Merkel, Pressekonferenz vom 1.9.2011)

Barbara Eisenmann, die sich schon häufiger um kritische Beiträge im öffentlich-rechtlichen Rundfunk verdient gemacht hat, liefert einmal mehr, rund zehn Jahre nach Ausbruch der internationalen Finanzkrise, eine Wiedererinnerung daran, was in der Öffentlichkeit rasch wieder unter dem Radar verschwand, andererseits aber auch den meisten Menschen gar nicht erst wirklich zu Bewusstsein kam: die marktkonforme Demokratie, in der wir leben. Ein empfehlenswerter Beitrag auch zum Weiterverbreiten:

“>>Marktkonforme<< Demokratie” (ARD Radiofeature von Barbara Eisenmann, 20.6.2018)

Wer die auch in Deutschland zwar angekratzte, hier allerdings immer noch funktionstüchtige politökonomische Benutzeroberfläche zur Kenntnis genommen hat, die durch den Elitenkonsens gebildet wird, und wer zugleich Macht-, Interessen- und Ideologienetzwerke allein in ihren groben Umrissen anschaut, müsste eigentlich begreifen, dass die aufgeblasene Politshow um das Thema Flucht ein kollektives Selbstablenkungsmanöver ist (das derzeit zudem einen wenig zivilisierten Ausgang nimmt). Die eigentliche Problematik bestünde nach wie vor darin, ein Europa zu errichten, das nicht der Konkurrenz- und Strafideologie “der Finanzmärkte” unterworfen, jedwede substantielle Vorstellung von Demokratie und Solidarität verliert, indem es der zynischen Logik der Kapitalvertreter dieser anti-demokratischen Macht verfallen bleibt.

Wer bei den Hintergrundinformationen noch Nachholbedarf hat, kann gern etwa auf diese kleine Zusammenstellung unsererseits rund um die Euro- und Finanzkrise zurückgreifen:

“>>Marktkonforme Demokratie<< statt demokratiekonformer Märkte – Politisches Handeln im Zuge der Finanz- und Eurokrise”