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Ingewahrsamnahme auf der Blockupy-Demo

Wie einige von unseren Lesern vielleicht wissen, waren Jascha und ich zusammen mit einigen anderen Kieler Kritikern der aktuellen Krisenpolitik (u.a. von Attac und Occupy Kiel) von Donnerstag Morgen bis Samstag Abend auf den Blockupy-Protesten in Frankfurt. Wer nochmal nachlesen will, wieso wir und viele andere dort demonstriert haben, kann dies im offiziellen Aufruf [1] tun. Im Vorfeld war bereits klar, dass alle Demonstrationen und Veranstaltungen bis auf die Großdemonstration am Samstag verboten sein werden, dies wurde durch die schwarz-grüne Regierung der Stadt Frankfurt beschlossen und bis hin zum Verfassungsgericht bestätigt. Wer will, kann eine etwas genauere Betrachtung der rechtlichen Lage rund um die Demonstrationsverbote hier [2] nachlesen. Im Wesentlichen wurde argumentiert, dass die Behinderung “der in diesen Bereich wohnenden Frankfurter Bürger, der Geschäftstreibenden, der Banken und der Mitarbeiter der Banken und der Vielzahl der sonst von derartigen Aktionen Betroffenen” über das Demonstrationsrecht zu stellen sei und das nach allerdings nicht anhand konkreter Tatsachen begründeter Gefahrenprognose der Polizei bis zu 2000 Gewalttäter anreisen wollten (von denen offenbar am Ende niemand vor Ort war).

Wir haben uns allerdings entschlossen, trotz des Verbots zur Demonstration anzureisen, da wir es für eine nicht hinnehmbare Einschränkung der Demokratie halten, mit solch fadenscheinigen Begründungen das Demonstrationsrecht so extrem einzuschränken. Uns war bewusst, dass wir mit Repressalien bis hin zu einer Ingewahrsamnahme rechnen mussten, allerdings war ich trotzdem sehr erstaunt und verärgert darüber, wie leichtfertig die Polizei dann vor Ort wirklich mit dieser extremen Grundrechtseinschränkung umgegangen ist: Am Freitag morgen haben wir uns zusammen mit ca. 500-600 anderen Demonstranten vor dem Frankfurter Hauptbahnhof versammelt, um unser Grundrecht auf Demonstration wahrzunehmen. Dies war auch eine Zeit lang durchaus erfolgreich, aber nach recht kurzer Zeit wurde der Demonstrationszug in mehrere Gruppen getrennt und von der Polizei eingekesselt. Wir befanden uns in einem Kessel mit geschätzt 50 weiteren Demonstranten und nach einiger Zeit entschloss sich die Polizei, sämtliche Demonstranten festzunehmen und mittels Gefangenentransportern in die Gefangenensammelstelle im Polizeipräsidium Frankfurt zu fahren. Es erfolgte kein Platzverweis oder eine andere Aufforderung, die Demonstration zu verlassen, sondern es wurde einfach jeder der eingekesselten Demonstranten abgeführt. Eine der Demonstranten erlitt aufgrund der Situation eine Panikattacke, was die Polizei mit dem Einsperren in einer Einzelzelle beantwortete.

Nachfolgend wurden dann unsere Daten aufgenommen (inkl. Foto), wir mussten uns zwecks Durchsuchung je nach Willkür des ausführenden Beamten fast oder auch ganz nackt ausziehen und dann lies man uns für mehrere Stunden in komplett weiss gekachelte (inkl. Sitzbank) Zellen einsperren, die wir nur für ein Gespräch mit jeweils zwei Sachbearbeitern für ein paar Minuten verlassen durften. Die Sachbearbeiter erteilten jedem von uns dann u.a. Platzverweise für die gesamte Frankfurter Innenstadt bis Samstag morgen, 7 Uhr (an der Großdemonstration durften wir also immerhin teilnehmen). Dabei wurden einigen der Demonstranten der gesetzliche vorgeschriebene Anruf bei einem Anwalt verweigert und vielen (inkl. mir) wurde keine richterliche Überprüfung angeboten, was ebenfalls gesetzlich vorgeschrieben ist. Insgesamt befanden wir uns je nach Person zwischen 5-6 Stunden in Gewahrsam, bevor wir ohne weiteren Kommentar entlassen wurden.

Die Teilnahme an einer verbotenen Demonstration ist eine Ordnungswidrigkeit und eine verhältnismäßige Reaktion der Polizei wäre gewesen, uns Platzverweise zu erteilen. Stattdessen wurde gleich zur größten Einschränkung gegriffen, die ein Rechtsstaat hat: Dem Freiheitsentzug. Hinzu kommt eine Behandlung im Gewahrsam, die der Situation vollkommen unangemessen war: Wir mussten uns zur Durchsuchung entkleiden, obwohl der Polizei offensichtlich klar war, dass von uns keinerlei Gewalt ausgehen würde. Außerdem wurde uns eine richterliche Überprüfung verwehrt. Insgesamt haben wir hier eine Situation erlebt, bei der die Polizei den rechtsstaatlichen gebotenen Weg deutlich verlassen hat und dies werden wir gerichtlich überprüfen lassen. Des Weiteren werden wir die Möglichkeit einer Strafanzeige gegen den zuständigen Einsatzleiter prüfen und natürlich die Löschung der aufgenommenen Daten verlangen. Über den weiteren Fortgang des Verfahrens berichten wir natürlich hier auf dem Blog.

Eine kleine Anekdote übrigens noch am Rande: Der für mich zuständige Sachbearbeiter konterte meine wiederholte Nachfrage nach der Länge der Speicherung meiner Daten mit dem Hinweis, dass Facebook und andere Unternehmen sowieso viel mehr wüssten als die Polizei. Eine finde ich bemerkenswerte Einstellung, die zeigt, wie wenig Sensibilität dort gegenüber Datenspeicherung herscht.