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Patrick Schreiner über den autoritären Liberalismus

Patrick Schreiner geht auf die kürzliche Zerschlagung des U-Bahn-Streiks in Athen ein und verdeutlicht am historischen Beispiel der autoritären Krisenmaßnahmen während der Weimarer Republik, wie der Neoliberalismus, der die wirtschaftspolitischen Teile des Staates (Steuern, Sozialabgaben, Konjunkturpolitik, öffentliche Güter etc.) ja am liebsten abschaffen würde, dennoch gern auf die repressiven Funktionen der Staatsgewalt zurückgreift, um seine Dystopien in die Wirklichkeit zu überführen:

“Autoritärer Liberalismus: Carl Schmitt, Heinrich Brüning und der U-Bahn-Streik in Athen”

Auch hier wird wieder deutlich, was der Neoliberalismus unter “Freiheit” versteht. Es ist die reine wirtschaftliche Freiheit, d.h. in der Konsequenz jedoch, das Gesetz des Stärkeren, da in einer Situation von Massenarbeitslosigkeit, dem Wettbewerb zwischen Staaten, sowie innereuropäischer Kapitalverkehrsfreiheit eben auch nur das (relevante) Kapital gewinnen und die Mehrheit der Bevölkerung verlieren kann. Alle übrigen Freiheiten werden hingegen der Unterdrückung durch konservative Kräfte unter fadenscheiniger Berufung auf Ausnahmezustände überlassen.

In Griechenland beginnt die Bevölkerung hoffentlich die herrschaftlich konstruierte Benutzeroberfläche (“Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit”, “Privatisierung gegen Staatsschulden”, “Sparen zur Beruhigung der Märkte” – natürlich verpackt in das Nominalziel des Gemeinwohls -) allmählich zu durchschauen. In Deutschland glauben die Menschen ja leider nachwievor offenbar mehrheitlich daran, dass Schuldenbremsen die Schulden bremsen und nicht etwa die Ausgaben für das Gemeinwohl oder dass eine unabhängige Zentralbank durch eine reine Inflationszielfixierung der nichtshabenden Bevölkerungsmehrheit dient und nicht etwa den geldvermögenden Minderheiten, denen die damit verbundene Massenarbeitslosigkeit egal sein kann.

Auch Fabian Lindner zieht einen Vergleich zwischen griechischen Zuständen heute und der Entwicklung in Deutschland zu Zeiten der Weltwirtschaftskrise 1929, um die Ähnlichkeit aufzuzeigen und aus historischen Entwicklungen lernen zu lassen. Leider jedoch scheinen die europäischen Zivilgesellschaften bisher noch im Halbschlaf zu sein. Wollen wir hoffen, dass die Menschen bald schon erkennen, dass die Geschichte ein Mittel ist, das uns das Jetzt erst zu deuten ermöglicht, und dass das, was der Mehrheit durch die sie gewählte Führung auferlegt wird, nicht den Indikator für alternativlose Wahrheit darstellt, sondern eher den historisch wiederum wenig ungewöhnlichen Befund der Vorherrschaft bestimmter Interessen und Ideologien zum Ausdruck bringt.

Jascha Jaworski

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