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ZAPP-Video bemüht sich im jugendlichen Style um Deutungshoheit in Sachen Alpha-Journalismus

Jetzt, da der Umstand, dass die Chefredakteure deutscher Leitmedien, sowie zahlreiche weitere Journalisten Mitglieder in transatlantischen Netzwerken sind, die öffentliche Wahrnehmung immer stärker erreicht, und dieses Thema auch bereits kritisch in der ZDF-Satiresendung “Die Anstalt” aufgegriffen wurde, scheint man sich in den Medien zu bemühen, schnell die Deutungshoheit über diese hochproblematische Tatsache zu erringen. Die NDR-Sendung ZAPP hat das Thema in einem Kurzvideo aufgegriffen:

“Transatlantik – Journalisten unter Bündnisverdacht” [1]

Im Unterschied zu den Kollegen von “Die Anstalt” mochte ZAPP es jedoch nicht dabei belassen, die Verbindungen zwischen Journalismus und transatlantischen Think Tanks einfach aufzuzeigen, um das Publikum eigenständig darüber nachdenken zu lassen. Das jugendlich aufgemotzte Video von ZAPP, das sichtbar darum bemüht ist, die Thematik in einem hippen Style ans Publikum zu bringen, lässt seinen Sprecher, Daniel Bröckerhoff, im Kapuzenpulli noch eine Interpretationsrichtung mit auf den Weg geben, indem Auszüge aus einem Interview mit Herrn Kornelius (SZ) gezeigt werden, in dem dieser einräumt, dass “die Transparenzfrage” “zentral” sei. Schließlich wird noch darauf verwiesen, dass Herr Kornelius zugleich Mitglied beim Deutsch-Russischen Forum ist, dem “Buddy Vodka Club der Russen”, wie Daniel Bröckerhoff cool-flappsig ans Publikum vermittelt, worauf noch die Bemerkung hinterhergeschickt wird: “Das ist doch ausgeglichen!”

Insgesamt bemüht sich ZAPP meinem Eindruck nach mit dem Video auf locker-hippe Weise folgendes Frame an das Publikum zu vermitteln:

>Da ist was schief gelaufen, dass einige Journalisten in transatlantischen Netzwerken unterwegs sind. Das wesentliche Problem besteht jedoch darin, dass dies nicht transparent kommuniziert wurde. Gleichwohl, Herr Kornelius sieht diesen Umstand offenbar ein und wird ihn bald sicherlich verstärkt berücksichtigen. Sonderlich dramatisch ist das Thema allerdings nicht, da Herr Kornelius auch in einem russischen Think Tank unterwegs ist, womit also belegt ist, dass das Ganze mit der Think Tank Aktivität ausgeglichen ist. Die eigentliche Gefahr geht ohnehin von jenen aus, die zunehmend den Medien kritisch gegenüberstehen, denn, wie Herr Kornelius im Interview sagt: “[…] der Einfluss wird immer weniger, die Autorität der sog. Leitmedien oder der etablierten Medien wird immer stärker hinterfragt”.<

Als Beweis für die Gefahr, die vom Netz ausgeht, wird dann noch auf Ken Jebsen verwiesen, der für seine radikale Medienkritik einigen bekannt sein dürfte. Der Kurzausschnitt zu seiner Person dient an dieser Stelle meinem Eindruck nach als eine Art Blitzableiter, nach dem Motto: >verschwiegene transatlantische Netzwerkverbindungen von Journalisten klingen zwar befremdlich und nicht gut, aber schaut euch die radikale Meute im Netz an und folgt besser weiterhin den Expertisen der Leitmedien, ansonsten werden derartige “Spakken”< – so zumindest stempelt der hippe Daniel Bröckerhoff die nicht genauer analysierte Menge von Kritikern ab – >größeres Unheil verbreiten.<

Liebes ZAPP-Team, ihr müsst Euch nicht berufen fühlen, dem Publikum einen Interpretationsrahmen vorzugeben und das ernsthafte Thema mit jugendlicher Flappsigkeit zu transportieren, damit es zu einem besseren viral marketing im Netz kommen kann. Setzt Euch kritisch mit dem Thema auseinander, indem ihr nicht nur Herrn Kornelius interviewt und seinen Einzelfall hernehmt, um im Schnellschuss von “Ausgeglichenheit” zu sprechen. Es handelt sich nicht um Einzelfälle, die zahlreichen Verbindungen [2] zwischen Journalisten und transatlantischen Think Tanks deuten viel eher auf einen strukturellen Umstand hin. Zudem könnt ihr bei der Analyse des Problems nicht einfach die inhaltliche Ebene außen vor lassen, die Uwe Krüger sehr stark in seiner Doktorarbeit, die ihr ja selbst anfangs kurz benennt, berücksichtigt. Die Medien-Berichterstattung in Sachen Ukraine-Krise, die viele Menschen besonders aufmerksam auf die Einseitigkeit der Leitmedien gemacht haben dürfte, ereignet sich schließlich auf eben dieser Ebene. Fragmentierung von Thematiken, Deutungsvorgaben und Übergeneralisierungen (Kornelius) helfen hier nicht weiter, um mit der zunehmend misstrauischen Bevölkerung in kritischen Austausch zu treten. Aber vielleicht geht es auch gar nicht um einen Austausch, sondern darum, einem Umstand ohne tiefere Selbstreflexion einfach entgegenzuwirken, nämlich jenem, den Herr Kornelius selbst im Interview benennt: “[…] der Einfluss wird immer weniger, die Autorität der sog. Leitmedien oder der etablierten Medien wird immer stärker hinterfragt”.

Der Fachkundige zum Thema, Uwe Krüger, hat sich übrigens selbst in Eurem Forum zu Wort gemeldet:

“Zu dem Thema wäre ich als Autor der Studie dann doch ganz gern noch mal befragt worden. Ich freue mich zwar, dass Herr Kornelius sich endlich einmal ausführlicher zu dieser Sache äußert. (Das hätte er auch schon vor Veröffentlichung des Buches tun können, ich hatte ihn eingeladen, seine Sicht der Dinge im Buch darzulegen, und er hatte abgelehnt.) Ich beanspruche aber nicht, wie Herr Kornelius behauptet, >>in unsere Hirne reinzukriechen und zu sagen: Nur weil wir da Mitglied sind, beten wir das wieder, was die sagen<<.
Wie nachzulesen ist, habe ich neben der Netzwerkanalyse zu verschiedenen Themen (erweiterter Sicherheitsbegriff/Afghanistan -Einsatz der Bundeswehr und Münchner Sicherheitskonferenz) Inhaltsanalysen der Artikel durchgeführt und eine inhaltliche Nähe zu Eliten festgestellt. Über den Zusammenhang zwischen personeller und inhaltlicher Nähe stelle ich dann etwas komplexere Vermutungen an als die platte These von der Vereinnahmung. Bitte lesen, Leute! (im Buch S. 144-145 und S. 258)

(Uwe Krüger am 15.5.2014 im NDR Forum [1] zum ZAPP Beitrag)

Wir ermuntern ZAPP dazu, Uwe Krüger einzuladen. Oder was spricht dagegen einen der Fachkundigsten zu Wort kommen zu lassen?

Für die Interessierten, hier das Buch von Uwe Krüger:

“Meinungsmacht – Der Einfluss von Eliten auf Leitmedien und Alpha-Journalisten – eine kritische Netzwerkanalyse” [3]