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No 211

“Die Kürzungsmaßnahmen im Rahmen der sogenannten Troika aus Europäischer Kommission, Internationalem Währungsfonds (IWF) und Europäischer Zentralbank (EZB) greifen tief in das Haushaltsrecht der Mitgliedstaaten ein, beschneiden Arbeits-, Sozial- und Streikrechte, machen direkte Vorgaben zu Lohn- und Rentenniveaus oder dem Umbau der Sozialsysteme, verordnen Privatisierungen. Mit der Durchsetzung und Überwachung dieser Austeritätsmaßnahmen […] verstößt die Troika gegen Grund- und Menschenrechte (z. B. das Recht auf Tarifautonomie oder das Recht auf Gesundheitsversorgung) sowie – zumindest die Unionsorgane Kommission und EZB – gegen europäisches Recht. Vor allem aber überschreitet die EZB in vielfacher Hinsicht ihr Mandat. […]
Das heißt: Selbst die im europäischen Recht verdichteten Handlungsräume werden nun zu eng für die Radikalisierung des neoliberalen Projekts. Nachdem die Regeln für eine strikte Austeritätspolitik europaweit auf Dauer gestellt und damit einer demokratischen Infragestellung entzogen wurden, geht es nun um eine Europäisierung der im südeuropäischen Laboratorium erprobten Strukturreformen. […]
Damit manifestiert sich die letzte, autoritäre Konjunktur des Neoliberalismus als >>autoritärer Konstitutionalismus<<. Dies geht über eine postdemokratische Situation hinaus, in der formal fortbestehende demokratische Verfahren entleert werden. Hier geht es um eine offen autoritäre Setzung von Recht bei Bruch demokratischer Verfahren. Auch der von Stephan Gill einst beschriebene neoliberale Konstitutionalismus beruhte auf einer europarechtskonformen und zumindest vom passiven Konsens getragenen Verrechtlichung neoliberaler Dogmen. Der neue autoritäre Konstitutionalismus zählt weder auf Recht noch auf Zustimmung.”

(Mario Candeias, Ökonom und Politikwissenschaftler – Vorwort aus Wider das Recht, Gutachten im Auftrag der Rosa-Luxemburg-Stiftung, Mai 2014)

Jascha Jaworski

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