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Heute Journal leistet rechtfertigendes Framing für Kriegsverbrechen – Ermuterung zu Leserbriefen

Wir leben in einer Zeit des Zerfalls von Ethik, Rechtsstaats(idee) und Völkerrecht. Das sollte man jedoch nicht einfach hinnehmen, ohne die eigene Stimme zu erheben, sollte sie auch leise sein. Wenn sich viele Stimmen erheben, werden sie auf einmal laut. Und laute Stimmen der Vernunft, die sich gegen Kriegsverbrechen und für die Universalität der Menschenrechte einbringen, braucht es.

Das Heute Journal vom 9.3. handelte besonders verantwortungslos und entgegen journalistischer Standards, als es die Kappung der Elektrizitätsversorgung im Gaza-Streifen in ein Framing des Kampfes gegen die Hamas einbettete, ohne mit auch nur einem Wort zu erwähnen, dass es sich hier um Kriegsverbrechen handelt. Zitat:

“Israel zeigt weiter Härte gegenüber der Terrororganisation Hamas und hat angekündigt, die Stromlieferungen in den Gaza-Streifen einzustellen. Der Energieminister erklärte, er habe eine entsprechende Anweisung für einen sofortigen Stopp unterzeichnet. Ziel ist es, Druck auf die Hamas auszuüben, die noch dutzende israelische Geiseln festhält. Die Stromversorgung aus Israel in den Gaza-Streifen ist nach dem Massaker vom 7. Oktober bereits größtenteils eingestellt worden.”

(Heute Journal vom 9.3.2025, (Minute 16:40), Ausschnitt auf einem X-Kanal hier))

Was Israel hier tut, indem es der Zivilbevölkerung in einem bewaffneten Konflikt lebenswichtige Güter entzieht, ist nach dem ersten Zusatzprotokoll der Genfer Konventionen (Art. 54), sowie nach dem Römischen Statut des Internationalen Strafgerichtshofs (Art. 8, “Kriegsverbrechen”) verboten. Erinnert sei auch daran, dass es die Elektriztät in Gaza braucht, um das Wasser damit aufzubereiten. Die Handlung, die das Heute Journal hier ohne Erwähnung, dass es sich um ein Kriegsverbrechen handelt, tut, war übrigens Teil der Begründung für den Haftbefehl des Internationalen Strafgerichtshofs gegen Netanjahu und Gallant. Zitat:

“The Chamber considered that there are reasonable grounds to believe that both individuals intentionally and knowingly deprived the civilian population in Gaza of objects indispensable to their survival, including food, water, and medicine and medical supplies, as well as fuel and electricity […]”

(Pressemitteilung des IStGH vom 21.11.2024)

Wir ermuntern die Leserinnen und Leser, das Heute Journal und den Nachrichtensprecher Heinz Wolf doch darauf hinzuweisen, wie hier das eigene journalistische Handeln zu bewerten ist.

zuschauerservice@zdf-service.de oder https://www.zdf-service.de/kontakt/

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Leopard-II-Lieferungen: Gesinnungsethik statt Verantwortungsethik

Die veröffentlichte Meinung scheint derzeit nur noch Leopard-II-Lieferungen in die Ukraine zu kennen, wobei dieses brisante Thema – es handelt sich um schweres Kriegsgerät, das nicht allein zu Verteidigungszwecken eingesetzt werden kann und soll – deutlich unterkomplex diskutiert wird, was auch Laien auffallen dürfte. Man vermisst nicht nur genaue Ziele, die mit den Panzern verfolgt werden sollen, sondern v.a. auch das Durchdenken von Folgeszenarien: Wie wird etwa Russland reagieren, wenn die ukrainische Armee bis zur Krim vordringt? Wer diese Fragen nicht ernsthaft durchdenkt, muss sich den Vorwurf gefallen lassen, aus Aktionismus und reiner Gesinnungsethik heraus zu handeln, nicht hingegen aus Verantwortungsethik, die die Konsequenzen ihres Handelns genau bedenkt und abwägt. Ich verurteile den russischen Angriffskrieg auf das Schärfte und bin schockiert über die russische Aggression, die so viele Menschenleben fordert. Dass jedoch in der veröffentlichten Meinung der Denkhorizont möglicher Konfliktlösungen mittlerweile in cm bemessen werden kann, ist ebenfalls ein überaus schockierender Umstand. Laut Umfragen stehen auch große Teile der Bevölkerung derartigen Waffenlieferungen sehr kritisch gegebenüber, in den Hauptmedien spiegelt sich dies jedoch mit der moralischen Druck- und Drohkulisse, die aufgebaut wird, nicht wider. Einmal mehr gewinnt man den Eindruck, dass hier neutrale Berichterstattung, die mehrere Seiten beleuchten und unterschiedliche Stimmen zu Wort kommen lassen soll, der Verbreitung persönlicher Befindlichkeiten und Meinungen gewichen ist. Auf die heute Sendung vom 21. Januar sei hier exemplarisch verwiesen. Die Stilmittel sind hier geradezu mit den Händen greifbar. Wo mit erfahrenen militärischen und politischen Expert*innen in diesen Fragen über die Zielsetzung und mögliche Konsequenzen von schweren Panzerlieferungen vor dem Hintergrund der derzeitigen Gesamtlage hätte diskutiert werden müssen, wird stattdessen ein ausgiebiges hautnahes Interview sympathischer ukrainischer Panzernfahrer an der Front durchgeführt, die traurig über ihre alten Gerätschaften sind.

Als Kontrapunkt sei an dieser Stelle daher auf ein Interview mit dem ehemaligen Generalinspekteur der Bundeswehr und Vorsitzenden des NATO-Militärausschusses, Harald Kujat, verwiesen, in dem dankenswerter Weise der größere Rahmen, sowie Sinnhaftigkeit und Gefahr von immer umfangreicherem Kriegsgerät angesprochen werden:

“Ukrainekonflikt: «Jetzt wäre der richtige Zeitpunkt, die abgebrochenen Verhandlungen wieder aufzunehmen»” (Zeitgeschehen im Fokus, Januar 2023)

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Fortsetzung zum ZAPP-Beitrag vom 14. Mai – Daniel Bröckerhoff bezieht Stellung

Am 19. Mai hatte ich Kritik an einem Beitrag der Sendung ZAPP vom 14.5. geübt, in der Daniel Bröckerhoff einen Beitrag aus der Sendung “Die Anstalt” aufgriff, in dem diese auf die Mitgliedschaft u.a. führender Redakteure deutscher Leitmedien (FAZ, SZ, Die Zeit, Die Welt) einging. Meinem Eindruck nach war der ZAPP-Beitrag auf relativ plumpe Weise darauf ausgelegt, eine kritische Auseinandersetzung mit dem bedeutsamen Thema in eine bestimmte Richtung zu lenken. Wer sich noch einmal informieren möchte, sei auf meinen Artikel verwiesen:

“ZAPP-Video bemüht sich im jugendlichen Style um Deutungshoheit in Sachen Alpha-Journalismus”

Da Herr Bröckerhoff meinen Artikel kommentierte (leider zunächst von mir unbemerkt, da der Spam-Filter ansprang, wofür ich mich entschuldige!) und da er uns außerdem auf seine Stellungnahme zur Kritik an seinem Beitrag hinwies, wollen wir seiner Position natürlich Raum verschaffen.

Hier erst einmal der Kommentar, den er bei uns bereits am 19.5. hinterließ, der jedoch leider zunächst im Spam-Filter gelandet war:

“Hallo Herr Jaworski,

ich hatte schon eine längere Antwort formuliert, aber dann ist mein Browser samt Text leider abgestürzt. Hier nochmal eine Kurzfassung: Danke, für die Auseinandersetzung mit meine Beitrag, die Form war tatsächlich “bemüht”, denn ich habe mir Mühe gegeben, etwas anderes auszuprobieren. Da der Film als subjektiver Kommentar angelegt ist, ist es ganz klar, dass er Interpretationsmuster liefert, an objektiven Journalismus glaube ich sowieso nicht. Zapp-Filme sind außerdem oft sehr haltungs- und meinungsstark, das ist Ihnen vielleicht schon einmal aufgefallen, wenn Sie die Sendung regelmäßig schauen.

Wir haben außerdem mit Herrn Krüger schon vor einiger Zeit ein längeres Interview geführt, er kommt in diesem Beitrag zu Wort: http://www.ndr.de/fernsehen/sendungen/zapp/zapp7203.html

Ich hab gerade mit ihm nochmals über meinen Beitrag telefoniert und werde darüber und über all die anderen Fragen, die an mich erfreulichweise gerichtet wurden nochmals einen längere Artikel im Zapp-Blog schreiben. Ich lasse Ihnen gerne hier den Link zukommen.

Beste Grüße, Daniel Bröckerhoff”

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ZAPP-Video bemüht sich im jugendlichen Style um Deutungshoheit in Sachen Alpha-Journalismus

Jetzt, da der Umstand, dass die Chefredakteure deutscher Leitmedien, sowie zahlreiche weitere Journalisten Mitglieder in transatlantischen Netzwerken sind, die öffentliche Wahrnehmung immer stärker erreicht, und dieses Thema auch bereits kritisch in der ZDF-Satiresendung “Die Anstalt” aufgegriffen wurde, scheint man sich in den Medien zu bemühen, schnell die Deutungshoheit über diese hochproblematische Tatsache zu erringen. Die NDR-Sendung ZAPP hat das Thema in einem Kurzvideo aufgegriffen:

“Transatlantik – Journalisten unter Bündnisverdacht”

Im Unterschied zu den Kollegen von “Die Anstalt” mochte ZAPP es jedoch nicht dabei belassen, die Verbindungen zwischen Journalismus und transatlantischen Think Tanks einfach aufzuzeigen, um das Publikum eigenständig darüber nachdenken zu lassen. Das jugendlich aufgemotzte Video von ZAPP, das sichtbar darum bemüht ist, die Thematik in einem hippen Style ans Publikum zu bringen, lässt seinen Sprecher, Daniel Bröckerhoff, im Kapuzenpulli noch eine Interpretationsrichtung mit auf den Weg geben, indem Auszüge aus einem Interview mit Herrn Kornelius (SZ) gezeigt werden, in dem dieser einräumt, dass “die Transparenzfrage” “zentral” sei. Weiterlesen

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Arbeitsagentur diffamiert Inge Hannemann

Auch wir hatten über Inge Hannemann berichtet, die als sozial denkende Person ihre Erfahrungen als Mitarbeiterin der Agentur für Arbeit nutzte, um über die Missstände des Hartz-Systems zu berichten, siehe z.B. hier.

Nachdem sie zunächst von ihrem Arbeitgeber freigestellt wurde, hat die Bundesagentur für Arbeit nun noch eine ihre Person diffamierende Pressemitteilung nachgeschoben, in der ihr eine selbstdarstellerische (“Darüberhinaus gefällt sie sich in der Rolle der Märtyrerin”) und gefährliche Motivlage (“Inge Hannemann gefährdet tausende Mitarbeiter der Jobcenter”) unterstellt wird.

Vielleicht mögen sich ja noch mehr Menschen kritisch in die Debatte einbringen. Ich hatte folgende Mail an die Bundesagentur für Arbeit abgesetzt: Weiterlesen

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Denkanstoß zur Sendung Maybrit Illner “Wer rettet den Steuerzahler?”

Zwar waren mit Sarah Wagenknecht und Dirk Müller auch deutliche Abweichler von der aktuell herschenden Wirtschaftsideologie in der Sendung anzutreffen, doch erhielt die abenteuerliche Geschichte von der staatlichen Hauptschuld am Finanzmarktchaos, vertreten durch andere Gäste, nachwievor genügend Raum, um dem Publikum die Interpretationsschablone des neoliberalen Irrglaubens aufzuprägen. Weiterlesen

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Kritik zum Plusminus Beitrag “In der Schuldenfalle: Wo Europa wackelt”

Zu diesem Beitrag habe ich soeben folgenden Text an das Plusminus-Team geschickt:

Sehr geehrtes Plusminus-Team,

zu Ihrem Beitrag vom 23.8. „In der Schuldenfalle: Wo Europa wackelt“ möchte ich anmerken, dass zwar löblich hervorzuheben ist, dass sie die Verschuldung der Staaten nicht singulär betrachtet haben, sondern zugleich die Leistungsbilanz beleuchteten, da selbige eine relevante Größe zur Bewertung der finanziellen Situation von Volkswirtschaften und dem darüber geschalteten Staatssektor ist. Zudem haben Sie nicht, wie vielerorts üblich, Schulden generell verteufelt, sondern sind darauf eingegangen, dass Verschuldung unter dem Gesichtspunkt der Investition durchaus positive Auswirkungen haben kann, indem reale Strukturen für die Zukunft aufgebaut werden.

Eine deutliche ideologische Schlagseite wies der Beitrag dann jedoch in der Darstellung der Verantwortlichkeit für die Leistungsbilanzdefizite vieler europäischer Staaten wie etwa Portugal oder Frankreich auf. Weiterlesen

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Ermunterungsschreiben an Phoenix zur Sendung “Griechische Tragödie – die Folgen für Deutschland”

Sehr geehrtes Phoenix-Team,

ich schaue gerade Ihre Sendung “Griechische Tragödie – Die Folgen für Deutschland” und muss wieder einmal enttäuscht feststellen, dass als Sachverständige erneut nur die üblichen Verdächtigen eingeladen wurden, die für die griechischen Refinanzierungsprobleme die Ursache allein in Griechenland ansiendeln und als einziges Mittel das ewige Mantra des “Konsolidierens” vulgo “Sparens” herunterbeten. Weiterlesen