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“Kiel Conference 2015” – Wenn man Kriegsspielern den Frieden überlässt (Demo am 23. Juni)

„Krieg ist Frieden“, das ist eine jener Botschaften, die George Orwell bereits vor rund 70 Jahren in seinem Zukunftsroman „1984“ vorwegnahm (neben vielen anderen Entwicklungen, die trauriger Teil der heutigen Alltagserfahrung sind). Die Botschaft erscheint in vielen Gewändern, z.B. jenem der „humanitären Intervention“ durch militärische Gewalt, dies in einer Welt also, in der nicht nur die Rüstungsausgaben der reichsten Staaten ihre Ausgaben für Entwicklungshilfe um ein Vielfaches übersteigen1, sondern auch das tägliche Sterben von zehntausenden Menschen aus Mangel und Not billigend in Kauf genommen wird, ja, durch Handelspolitik gar aktiv herbeigeführt wird. Die Geopolitiker und Militärstrategen jedoch bemühen sich auch hierzulande immer eifriger darum, die Botschaft vom Krieg, der Frieden ist, an die bislang unwillige deutsche Bevölkerung zu vermitteln. Eine Botschaft, die in Anbetracht gerade der „Erfolgsbilanz“ der Friedenskrieger in jüngerer Zeit, mit den hunderttausenden Menschenopfern (im NATO-Vokabular: „Kollateralschäden“), sowie dem Chaos und der extremistischen Gewalt, die hinterlassen wurden, eigentlich unplausibler denn je sein sollte.

Vor einiger Zeit sprach Bundespräsident und Pastor Gauck jedoch von der „glückssüchtigen Gesellschaft“, die nicht ertragen könne, „dass es wieder deutsche Gefallene gibt“. Wer um die Vorstellungswelten vieler Eliten weiß, wie sie sich diversen Strategiepapieren entnehmen lassen, kann sich tatsächlich auf reichlich „Gefallene“ in der Zukunft einstellen, da nun wieder auch von deutschem Boden aus, auf wahrlich Großes gezielt wird. Es geht um weit entfernte Länder, in denen viele Millionen Menschen leben, die in Kategorien wie „Globalisierungsverlierer“, „Flüchtlingsströme“, „Herausforderer“, „Störer“ oder zu Weilen auch „Schurkenstaaten“ eingeteilt werden, um ihnen dann jene Maßnahmen zukommen zu lassen, auf die sich die geopolitischen Eliten eben am besten verstehen: militärische Gewalt – schließlich bauen Funktion, Dienstgrad oder wissenschaftliche Karriere dieser Leute darauf auf. Weiterlesen

  1. Bsp. USA 20:1 (2013) []
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Rede zum Aktionstag in Kiel: TTIP und Demokratie

Am 18.4. fand ein globaler Aktionstag gegen die geplanten umfassenden Handelsabkommen (TTIP, CETA, TiSA, TPP) statt.

Zum Auftakt der Demo des Kieler Bündnisses war ich beauftragt, eine Rede zu den demokratiebezogenen Auswirkungen der Abkommen zu halten. Da mich einige Teilnehmer*innen danach fragten, ob ich die Rede online stellen kann, will ich das an dieser Stelle gern tun.

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Deutsche Regierung und EU irren: Griechische Regierung ist verpflichtet neoliberale Reformen zurückzunehmen!

Schäubles Aussagen in der Pressekonferenz mit dem griechischen Finanzminister Varoufakis und das Positionspapier der Bundesregierung zu Griechenland sind ein erneuter Angriff gegen das im Lissabon-Vertrag nochmals bestätigte Ziel des Europäischen Sozialstaats und damit ein Affront gegen legitime, nationale Reformen einer demokratisch gewählten Regierung. Die Argumentationsgrundlage der deutschen Seite bilden erzkonservative Floskeln nach dem Motto “ein Vertrag ist ein Vertrag” und “der Schuldner hat Schuld”. Ideen, deren dogmatische Auslegung historisch zu katastrophalen Entwicklungen in Deutschland führten (“Versailler Vertrag” zumindest als Katalysator für nationalsozialistische1 Radikalisierung),  bzw. den nach dem 2. Weltkrieg dringend notwendigen wirtschaftlichen Aufstieg2 verhindert hätten (Schuldenerlass über Londoner Schuldenkonferenz von 1953). Erschütternderweise ging Schäuble soweit, auch noch zu behaupten, sein Festhalten an der Austeritätspolitik begründe sich auch durch sein persönliches historisches Ringen um die europäische Einigung. Dabei waren es doch historisch gesehen gerade Verarmung und Arbeitslosigkeit aufgrund einer deflationären und wirtschaftsschädlichen Politik eines “christlichen” Politikers (Brüning), die den deutschen Nährboden für Weltkrieg und Faschismus bereiteten (um dabei nicht zu behaupten, dass wir kurz vor dem Wiederausbruch des Faschismus stehen würden). Weiterlesen

  1. 300.000 Griechen_innen verhungerten während des Nazi-Feldzuges in Griechenland []
  2. bishin zur hegemonial anmutenden Durchsetzungsstärke von neoliberalen Reformen []
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Warum die Biermann-Claqueure nur Philister sind…

Ja, das brauchen sie, die konservativen Wirtschaftslobbyisten im Bundestag, einen Wolf Biermann, der als DDR-ausgebürgerter Liedermacher die Linken als “elenden Rest” beschimpft. Was interessieren uns auch die Übel von heute, wenn man auf die Übel des Gegners von vorgestern verweisen kann. Mal abgesehen davon, dass ein Großteil aus der Linkspartei überhaupt nichts mit der SED-Vergangenheit zu tun hat, sondern sich seit der Zusammenführung von WASG und PDS auch aus dem westdeutschen Gewerkschaftsspektrum, ehemaligen, da kritischen Sozialdemokrat*innen oder Friedenstreuen zusammensetzt. Darum geht es schließlich nicht, es geht darum, in der Wiedervereinigungsfolklore eine geschliffene Version der Geschichte in den Köpfen zu verankern, ein trübes Gemeinschaftsbewusstsein zu stiften und dabei von den eigenen Gegenwartsverbrechen abzulenken. Wenn es den Claqueuren aus der neoliberalen Einheitspartei darum ginge, die Menschenrechte hochzuhalten und sich der Unterdrückung und dem Unrecht entgegenzustellen, hätten sie den Biermann doch bitten sollen, auch ein paar kritische Worte zu ihrer Politik zu äußern, Stichworte wären etwa die Duldung des menschenrechtswidrigen Drohnenmassentötens (ohne Gerichtsverfahren) von deutschem Boden aus, Leopard II-Panzer für das aufstandsunterdrückende, erzreaktionäre Saudi-Arabien (deutsche Spitzenechnologie zum Menschenrechtsbruch also), die Unterdrückung der Bürgerrechte in der EU zur Durchsetzung deutscher Austeritätswünsche, die Unterstützung der NSA-Totalüberwachung seitens deutscher Geheimdienste usw. usf. Und nicht zu vergessen, dass von den Claqueuren stets nur die eine Hälfte der Menschenrechte, nämlich die bürgerlichen und politischen genannt werden, und dies eben nur, wenn es ihnen passt, die andere Hälfte hingegen, die wirtschaftlichen und sozialen, will man gern vergessen machen, sind sie doch eher ein Störelement in der neoliberalen Agenda, wie sich an der sozialen Entrechtung von Millionen in der Eurokrise zeigt.1 Man will eben höchstens einige Menschenrechte realisiert wissen, ihre Unteilbarkeit stört da nur. Wie sagte Volker Pispers doch sinngemäß: “Mit dem Fall der Mauer lernten die Deutschen die Hilfsverben unterscheiden, nämlich den Unterschied zwischen reisen >dürfen< und reisen >können<“. Weiterlesen

  1. Der Bericht über beschäftigungs- und sozialpolitische Aspekte der Rolle und der Tätigkeiten der Troika (EZB, Kommission und IWF) in Bezug auf Programmländer des Euro-Währungsgebiets stellte im Februar 2014 bezogen auf soziale Rechte etwa fest: „[…] Außerdem hat die Troika Artikel 151 AEUV [Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, JJ] vollständig außer Acht gelassen, in dem festgelegt wird, dass die Handlungen der Union und der Mitgliedstaaten im Einklang stehen müssen mit den sozialen Grundrechten, die in der Europäischen Sozialcharta von 1961 (der die vier Länder mit makroökonomischem Anpassungsprogramm beigetreten sind) und der Gemeinschaftscharta der sozialen Grundrechte der Arbeitnehmer von 1989 sowie einigen der Kernübereinkommen der IAO, die von allen Mitgliedstaaten unterzeichnet wurden, festgelegt sind.“ []
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Maskenfall in eigener Sache

Da für die nächsten drei Wochen einer jener Maskenfallautoren, die zu den eifrigeren Beitragslieferanten gehören, aufgrund von Reisetätigkeit in entferntere Regionen, in denen die Internetinfrastruktur bislang noch im Aufbau ist, abspenstig sein wird, wird sich Maskenfall bis zum 17. Oktober etwas in seiner Veröffentlichungsarbeit einschränken. Wir hoffen, dass die Leser*innen uns weiterhin gewogen bleiben. Sowohl die Zitate zum Sonntag, als auch die neu angelaufene Politrentner Paul Serie wird fortgeführt werden. Außerdem wird auch weiterhin der eine oder andere Beitrag zu erwarten sein.

Ich ermuntere für diese Zeit dazu, auch in älteren Beiträgen ein wenig zu stöbern, deren Anliegen es ist, Hintergrundwissen zu teilen, schließlich besteht die Hauptquelle von Propaganda in unserer Zeit des postaufgeklärten Illusionstheaters darin, politisch-gesellschaftliche Geschehnisse soweit zu zerbröseln, dass sie sich gegenüber Widersprüchlichkeiten, Falschaussagen und Lügen maximal gutmütig verhalten. Weiterlesen

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EU-Kommission lehnt Europäische Bürgerinitiative gegen TTIP und CETA ab

Wenn es um das große Geld für große Unternehmen und Konzerne geht, hält Bürgerbeteiligung nur solange als Vorwand her, wie sich die Beteiligten ins gewünschte Gatter treiben lassen. Bei CETA und TTIP gelingt dies in Anbetracht der offenkundigen demokratieerosiven Wirkung der Abkommen bislang nicht. So lässt man also die Attrappen der Bürgerbeteiligung durch juristische Ausflüchte kuzerhand kippen.

Die EU-Kommission hat nun die Europäische Bürgerinitiative, die 230 Organisationen aus 21 EU-Ländern zu den Abkommen eingereicht hatten, abgelehnt. PR-technisch zu ungünstig wäre wohl die Auseinandersetzung geworden. Wir verweisen auf eine Eilmeldung des Umwelt Institut München hierzu:

“Europäische Bürgerinitiative gegen TTIP abgelehnt / Bündnis kündigt Widerstand an”

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Aus der Welt gefallen – Finanzministerium reagiert auf US-Kritik wegen Exportüberschüssen

Nachdem schon seit einigen Jahren in der G20 Kritik am deutschen Wirtschaftsmodell, das auf dauerhaften Exportüberschüssen und damit auf der Verschuldung von anderen Staaten (insbesondere der Euroländer) beruht, geübt wurde, wird diese Kritik nun noch offizieller. In einem Halbjahresbericht findet das US-Finanzministerium deutliche Worte gegenüber der paradoxerweise in Europa auch noch als Sparzuchtmeister auftretenden Bundesregierung.

Germany has maintained a large current account surplus throughout the euro area financial crisis, and in 2012, Germany’s nominal current account surplus was larger than that of China. Germany’s anemic pace of domestic demand growth and dependence on exports have hampered rebalancing at a time when many other euro-area countries have been under severe pressure to curb demand and compress imports in order to promote adjustment. The net result has been a deflationary bias for the euro area, as well as for the world economy. Stronger domestic demand growth in surplus European economies, particularly in Germany, would help to facilitate a durable rebalancing of imbalances in the euro area.

Sinngemäß übersetzt: Weiterlesen

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Polizei verfuhr rechtswidrig mit unserem Hamburger Bus zu den Blockupyprotesten

Am Donnerstag hatte ich mich mit meinen Attac-Mitstreiter_innen, sowie Menschen von linksjugend[‘solid] und Weiteren mit einem Bus aus Hamburg auf den Weg nach Frankfurt gemacht, um an den Blockupy Protesten teilzunehmen. Da wir kurz vor Frankfurt hörten, dass fünf Busse, die aus Berlin anreisten, beim Autobahnkreuz Gambach herausgegriffen und festgehalten wurden, entschlossen wir uns dazu, über Landstraßen weiterzufahren, um unnötige Verzögerungen zu vermeiden. Bei Friedberg standen an einer Verzweigung der Straße plötzlich mehrere Polizeifahrzeuge (ca. 7), die eine Kolonne um unseren Bus herum bildeten und dazu aufforderten, ihnen zu folgen. Obwohl die Straßenverhältnisse es hergegeben hätten, dass die Polizei uns direkt vor Ort kontrolliert, zwangen sie uns, ca. 2 km in die Sackgasse eines verlassenen Gewerbegebiets – Donnerstag war Feiertag in Hessen – von Friedberg. Weiterlesen

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Initiative “Europa geht anders!” erbittet Unterschrift

Gegen den bevorstehenden “Wettbewerbspakt” in der EU, der nach der Implementierung des Fiskalpakts EU-weit und Kürzungs-, sowie Umstrukturierungspolitik in südlichen EU-Ländern nun auch jene Länder zu Lohnsenkungen und einer Schwächung der Arbeitnehmer_innenseite drängen soll, die nicht abhängig von ESM/EZB sind, hat sich ein Bündnis formiert, da der Wettbewerbspakt ab Juni verhandelt werden soll. Die Zeit drängt also! Wer die Iniative unterstützen will, kann hier ihre/seine Unterschrift leisten:

“Europa geht anders”

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Ottmar Schreiner: Die Stimme der Vernunft in der SPD

Leider ist mit Ottmar Schreiner einer der letzten Sozialdemokraten der SPD-Bundestagsfraktion verstorben. Die Rosa-Luxemburg-Stiftung hat einen Schreiner-Zusammenschnitt aus einer Veranstaltung in Berlin von 2010 bereitgestellt.

Der Häutungsprozess der SPD ist meiner Meinung nach in weite Ferne gerückt, nachdem SPD/Grüne 2/3-Mehrheitsbeschaffer für den unkündbaren Fiskalvertrag waren. Zuletzt wurde also selbst die leichteste aller Möglichkeiten ausgeschlagen, um sich an der Oppositionsarbeit zu beteiligen.

Achtung Satire:

Ottmar, schöne Grüße ins Paradies und Margaret, sag dem Teufel, er soll schon mal die Temperatur für Gerd, Peer, Joschka, Angela und Wolfgang hochdrehen.