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No 233

“Armut in Deutschland stieg 2013 sprunghaft, um gleich 0,5%-Punkte von 15 auf 15,5%, d.h. 12,5 Millionen Menschen müssen in Deutschland mittlerweile zu den Armen gezählt werden. Das ist, was Armut anbelangt, ein neuer Höchststand in der Bundesrepublik Deutschland. Die aktuellen Daten lassen darüber hinaus, und das war im letzten Jahr noch nicht so deutlich, einen klaren Trend erkennen; dass nämlich die Armut seit 2006 mehr oder weniger kontinuierlich zunimmt, ein gefährlicher, nach oben weisender Trend. Damit ist übrigens auch die noch im letzten Armutsbericht der Bundesregierung getätigte Behauptung, die Schere schließe sich wieder, die Armut bleibe konstant, eindeutig und klar widerlegt. Spätestens in diesem Jahr, 2015, wird die Armutsquote bei Rentnerinnen und Rentnern überdurchschnittlich sein, nicht mehr unterdurchschnittlich. Ein Wort zur politischen Bewertung dieser Befunde: Die Armut in Deutschland, das zeigt unser Bericht, ist hausgemacht. Wir haben es mit einer vollständigen Entkopplung von wirtschaftlicher Entwicklung und Armutsentwicklung zu tun. Wir haben einen zunehmenden gesellschaftlichen Reichtum in den letzten Jahren zu verzeichnen, wir haben abnehmende Arbeitslosenquoten, aber gleichzeitig zunehmende Armut. Mit anderen Worten: Die Armut in Deutschland ist weniger ein wirtschaftliches Problem, als vielmehr ein Resultat politischer Unterlassungen, das muss ganz deutlich gesagt werden. Wir hätten die Möglichkeit, die Armut zu bekämpfen, als fünftreichstes Land auf dieser Welt, aber offensichtlich haben wir extreme Verteilungsprobleme bei zunehmendem Wohlstand.”1

(Ulrich Schneider, Hauptgeschäftsführer des Deutschen Paritätischen Wohlfahrtsverbands – in: >>Friss oder Hartz<< – Deutscher Neoliberalismus im Rückblick, Laurent Joachim auf YouTube, 1.12.2015)

  1. Siehe hierzu z.B. erneut: “Ein Jahrzehnt zunehmender Ungleichheit” (2012) oder “Warum Hartz?” (2013) []

Jascha Jaworski

2 Kommentare

  1. Lieber Herr Jaworski, vielen Dank für diesen Beitrag. Er öffnet vielen Menschen hoffentlich die Augen! Aber es kommt ja noch schlimmer. Es sind ja nicht Unterlassungen, wie Ulrich Schneider schreibt, sondern es sind fatale Handlungen der Regierenden, die die Deutsche Rentenversicherung systematisch kaputt gemacht haben. 1979 gab es einen Rentenanspruch von 79% des Bruttoeinkommens. Davon hatte man ein lebensstandardsicherndes Einkommen im Alter.
    Wer heute 52 Jahre alt und ledig ist und 2800 Euro Bruttoverdienst hat, kann von seinem Nettogehalt i. H. von 1805 Euro ganz gut leben. Wenn er oder sie aber 2030 in Rente geht, bleibt ein Rentenanspruch i. H. von 43% des Nettoeinkommens, das sind 776 Euro, hiervon zahlt er dann noch einen Krankenkassenbeitrag i. H. von 8,2% = 63 Euro. Somit verbleiben ihm 713 Euro zum Überleben.
    Ist das lebensstandardsichernd?
    Diejenigen, die das zu verantworten haben, CDU/CSU, SPD, FDP und Grüne, sollten bei der nächsten Wahl nicht mehr gewählt werden.
    Nur so kann sich die Zivilbevölkerung gegen die Politik der Verarmung breiter Bevölkerungsteile wehren.

    Paul Weidmann

  2. Ich kann Herrn Weidmann nur zustimmen.
    Aber vor allem die SPD hat sich die letzten Reste an Sozialdemokratie während der letzten 10 Jahre fortschreitender neoliberaler Politik ausgetrieben.
    Mit der AGENDA 2010 (ich lasse jetzt mal TTIP & VDS außen vor) hat diese Partei ihren eigentlichen Markenkern völlig zerstört.
    Ich bin außerordentlich erstaunt,daß sie noch bei 25% liegt.Mich würde wirklich mal
    interessieren,aus welchen Wählern sich dieser Wert zusammensetzt.(Beamte?;Rentner?;unbelehrbare Stammwähler?)
    Mir völlig unverständlich ist der fehlende Aufschrei,die massive Empörung in der Bevölkerung,zumindest aber bei den Betroffenen,zumal die Hartz IV Empfänger,die Billiglöhner, die Abgehängten jeden Tag vorgeführt bekommen, was sie von der ehemaligen Arbeitnehmerpartei zu erwarten haben.

    Die SPD gehört bis zur Unkenntlichkeit abgewählt.

    Gruß von einem sehr enttäuschten und völlig desillusionierten ehemaligen SPD-Wähler !

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