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Kleiner Hinweis auf “Makroskop” als Gegenmittel zum radikalen Mainstream

Wohl nirgendwo ist die Diskrepanz zwischen Wissen und Relevanz so groß, wie in gesamtwirtschaftlichen Angelegenheiten. Ganz zufällig ist es sicher nicht, dass “Makroökonomie” als Interpretations- und Analyseebene für die allermeisten Menschen überhaupt nicht existent zu sein scheint, obwohl es uns doch alle betrifft, und die Entscheidungen der Etablierten wohl nirgendwo so hanebüchen und schlecht begründet sind.

Den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern wurden im letzten Jahrzehnt hierzulande mehr als eine Million Millionen Euro (1 Billion) ‘Lohnzurückhaltung’ auferlegt, begründet wahlweise mit ‘internationalem Wettbewerb’ oder dem Ziel der Senkung von Arbeitslosigkeit. Nicht nur wurden Privatisierungsprogramme gehypet und werden es in der einen oder anderen Variante ungebrochen, sondern eine tragende Säule des Sozialstaats wurde schlicht durch eine Krücke ausgetauscht, bei der Ebenezer Scrooge Berater gewesen sein muss, und dies, indem man etwa auf ‘notwendige und schmerzhafte Reformen’ und die ‘überbordende Staatsverschuldung’ verwies. Die Rentenniveaukürzung, die heute mit der Aussicht auf Altersarmut für die Mehrheit der Rentnerinnen und Rentner einhergeht, wurde mit dem ‘demographischen Wandel’ begründet, die Unterwerfung der öffentlichen Finanzen unter das ‘Diktat der Märkte’ konnte man damals mit Verweis auf das Ungeheuer der ‘Inflation’ ohne Widerstand durchsetzen…

Seit Jahrzehnten sind die ökonomischen Kurzschlussargumente Hebel für gesellschaftliche Verschlechterungen und besonders seit Ausbruch der Eurokrise im Anschluss an die Finanzkrise begründen sie rasche Prozesse der Entdemokratisierung und des gesellschaftlichen Zerfalls. Umso wichtiger ist es, dass man sich hier von den vorherrschenden Ideologien und der penetranten Dauerbeschallung der Propagandisten und ihrer Mittäterinnen und Mittäter in Politik, Wissenschaft und Medien löst. Dagegen helfen jedoch nur Wissen und Verstehen.

Es sei daher auch noch einmal von uns auf das geplante Wirtschaftsmagazin von Heiner Flassbeck und seinen Kolleginnen und Kollegen verwiesen, das wir für sehr unterstützenswert halten:

“Makroskop – Eine neue Zwischenbilanz” (flassbeck-economics, 19.4.)

“flassbeck-economics geht – Makroskop kommt” (flassbeck-economics, 22.4.)

Jascha Jaworski

4 Kommentare

  1. Wer hätte das gedacht?! ;-)
    Diese Frage ist selbstverständlich sarkastisch gemeint.

    Ich gebe zu, dass ich mich bisher stets für einen gut informierten Mittelschichtsbürger hielt – egal ob ich Mitte Zwanzig, Mitte Dreißig oder heute Mitte Fünfzig war/bin. Ich hatte Wissen und ich hatte Verstehen.
    Dachte ich. Denn das Wissen und das Verstehen kamen von anderen und nicht aus eigenem tiefen oder zumindest tieferem Verständnis der Materie, die ich im Übrigen bis heute nicht durchdringe, geschweige denn verstehe.
    Ich denke, wie mir geht es vielen Menschen. Und wenn ich dann erlebe, dass selbst die Fachleute sich uneins sind bei der Interpretation der gefundenen Wahrheiten und Weisheiten, übrigens egal in welcher Profession und selbst in der meinigen, der Psychologie, dann kann ich doch nur noch eines machen, nämlich mich auf mein Feeling verlassen, meinen scheinbar und hoffentlich gesunden Menschenverstand. Am Ende bleibt mir doch nur noch dieser zur Überprüfung der vielen angeblich unumstößlichen Fakten!
    Ich mache meine Klienten von Anfang an darauf aufmerksam, dass sie meine (Fach) Kompetenz (in der Regel) nicht überprüfen können, egal wie viele Bescheinigungen und Erlaubnisse ich auch vorzuweisen habe, selbt dann nicht, wenn sie selber aus einem ähnlich gelagerten Fachgebiet kommen. Ich empfehle ihnen daher stets, zu überprüfen, ob sie zu dem von mir Vermitteltem in eine positive Resonanz gehen können oder nicht. Wenn nicht, habe ich auch kein “Recht”. Ganz einfach. So sollten das die Menschen auch mit den wirtschaftlichen Professionen handhaben.

    Wissen und Verstehen ist kein schlechter Ansatz. Aber er hat mich nicht davor bewahrt, vor über dreißig Jahren schon auf die Mär von dem demografischen Wandel, seinerzeit vorgetragen auf einem Gewerkschaftsseminar (!), und den daraus folgernden Unsicherheiten und Unbezahlbarkeiten bei der Rente spätestens ab den Jahren 2020/2030 hereinzufallen.
    Irgendwann hat sich dann ein gesundes Feeling bei mir entwickelt und ich erkenne den Betrug, ohne allerdings sagen zu können, woran. Es ist halt so ein Feeling. Welches sich dann später sehr oft bestätigt. Und worauf beruht dieses “Feeling”? Neben der oben schon angesprochenen guten Informiertheit beruht es auf Beobachtungsgabe und Lebenserfahrung.
    Als junger Mann hatte ich das beides noch nicht, deshalb habe ich noch bis vor etlichen Jahren den Müll geglaubt, den man mir vor zwei, drei und mehr Jahrzehnten verkauft hat.

    Und das geht ganz vielen Menschen so! Auch und gerade den jungen! Nach wie vor!
    Denn wir leben in einer wissenshörigen Zeit, in welcher “Feeling” oder Intuiton eher belächelt werden.
    Aber erst wenn mein Feeling mich warnt, fange ich an, mich intensiver mit bestimmten Themen auseinanderzusetzen und mir mein eigenes Bild zu machen.

    Deshalb meine Empfehlung: Hören Sie auf Ihr Feeling, Ihre Intuition, Ihren Bauch, denn die wissen (oft) mehr, als Ihr Verstand zu erfassen vermag!

    • Danke für die Erfahrungsweitergabe!
      Ich will nämlich tatsächlich kein Bild vom Menschen als reinem Verstand mit geistigen Leistungen, die ihm oder ihr ansonsten nur Anhängsel sind, zeichnen. Hier kann man vielleicht auch zwischen Verstand und Vernunft unterscheiden, indem letztere abstrakte Denkfähigkeit mit dem vereint, was man unter Begriffen wie Gefühl, Intuition, Faustregeln, Erfahrungsmustern usw. fassen kann, die in einem größeren geistigen Rahmen der Welt miteinander in Wechselwirkung treten. Insofern sind nicht alle Menschen dazu aufgerufen, Makroökonomen zu werden, wohl aber, sich dem Themenfeld und der Betrachtungsweise nicht ganz zu verschließen, Gegenargumente zu hören, alternative Darstellungen zu erhalten und so bereits auf oberflächliche Widersprüchlichkeiten derjenigen aufmerksam zu werden, die ihre Aussagen über die Welt ganz dem “instrumentellen Kriterium der Effizienz” unterordnen, wie es zu den Elementen von Propaganda zählt.

  2. Ein Dank auch meinerseits für diesen Hinweis auf die wichtige Unterscheidung von Verstand und Vernunft!
    Ich stimme Ihnen hier vollkommen zu und bin inhaltlich ganz bei Ihnen. Mir geht es nicht um Er- oder sogar Überhöhung der Welten des Gefühls, der Intuition und der Lebenserfahrung, sondern vielmehr genauso wie Ihnen, um eine Integration in einem möglichst umfassenden Sinne!
    Sowohl Verstand als auch Vernunft haben beide ihre Berechtigung, gerade auch im Hinblick um Themen, wie sie im Wirschaftsmagazin “Makroskop” behandelt werden (sollen). Die Beschäftigung mit diesen Themen, die ja auch immer wieder an dieser Stelle von Ihnen behandelt werden (immer wieder sehr zu meiner Bereicherung!), schult die Fähigkeit, diese so wichtigen menschlichen Ressourcen zu schulen: Wissen, Verstehen, Verstand und Vernunft.

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