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No 271

“Wir erleben den Zusammenprall auf der einen Seite zwischen der alten nationalstaatlich wachstumsorientierten Gesellschaft, auf eine Entgrenzung von Zeit und Raum, die dadurch umso härter soziale Unterschiede und auch ökologische Grenzen deutlich macht. In dieser Situation gibt es drei Reaktionsweisen. Die eine Reaktionsweise würde ich bezeichnen als die reaktionäre Gegenbewegung von rechts, was sich um autoritäre Politiker, AfD und ähnliches gruppiert. Die zweite Reaktionsweise darauf ist das, was die Bundesregierung macht, nämlich weitgehende Anpassung, obwohl sozusagen die Herausforderungen des Zusammenpralls eine neue Qualität von Politik erfordert. Und das Dritte ist der Versuch, in dieser Entwicklung sozial und ökologisch zu gestalten. Das Dritte sehe ich als das Politische an, umso wichtiger, weil in diesem Jahr auch etwas passiert, was bisher auch noch zu wenig zur Kenntnis genommen wird, nämlich, dass wahrscheinlich die Umbenennung unserer Erdepoche von Holozän in Anthropozän, also Menschenwelt, geschehen wird. Menschenwelt, das bedeutet, dass wir wie nie zuvor sozusagen an planetarische Grenzen stoßen und von daher eine andere Qualität – v.a. in Industrieländern – von Politik brauchen. Diese Form der Freihandelsverträge, die ja auch mit der ursprünglichen Theorie des Freihandels wenig zu tun haben, macht es nicht möglich, die großen Herausforderungen, die mit dem Anthropozän verbunden sind, zu bewältigen. […] Aus diesem Grund ist TTIP, CETA und auch TiSA – das darf man nicht vergessen – große Herausforderung v.a. auch an die Ökologiebewegung, die ja in den letzten Jahren sehr stark politische Positionen geprägt hat. Und es ist für uns auch deshalb so ärgerlich, weil es ja international eine Alternative gibt. Seit 1992 vertreten wir international seit dem Erdgipfel die Position der Nachhaltigkeit. Doch sie ist verkommen zum Plastikwort, statt zur Leitlinie politischen Handelns zu werden. Deshalb noch einmal: Unser Bündnis ist das Bündnis der Gestalter der Globalisierung gegen jene verengten, anpasslerischen Strömungen, die aus unserer Sicht zur Entleerung der Politik und zu problematischen autoritären Entwicklungen in Europa führen.”

(Michael Müller, Bundesvorsitzender NaturFreunde Deutschland – Bundespressekonferenz zur Großdemonstration “CETA & TTIP stoppen!”, 23.8.2016)

Jascha Jaworski

Ein Kommentar

  1. Natürlich betreibt die Bundesregierung nicht allein “Anpassung” in Hinblick auf die Wirtschaftspolitik nach außen. Sie ist Steigbügelhalter der Unternehmen im Exportbereich, die die Weltmärkte erobern sollen. Die Besessenheit deutscher Eliten in Sachen Kürzung und “Strukturreformen”, die viele Millionen Menschen in Europa drangsaliert bis verzweifeln lässt, dient dabei einem sehr aktiven Ziel (das jedoch kräftig nach hinten losgeht), nämlich “europäischer Hebelkraft für Deutschlands globale Ordnungsideen”, wie es im außenpolitischen Papier „Neue Macht Neue Verantwortung“ so schön offen ausgedrückt wird (http://www.maskenfall.de/?p=7122).
    Die Bundesregierung ist also keineswegs einfach nur „anpasslerisch“, sie gestaltet ganz massiv in gewisser Weise, nämlich dahingehend, den gnadenlosen Wettbewerb auf gegenüber zahlreichen Problemen blinden Weltmärkten auszubauen, der keine Rücksicht auf die sog. “Globalisierungsverlierer” nimmt. Diese Gestaltung kann man also auch als sagenhafte Unterlassung betrachten, die nun allen auf die Füße fällt.
    Michael Müller verwendet mit dem Begriff “anpasslerisch”, der die Bundesregierung einerseits übertrieben passiv darstellt, andererseits ein Bild, das zumindest die Front der mit Merkel überidentifizierten Großstadtjournalisten und -journalistinnen einen Moment lang ins Grübeln bringen könnte in Anbetracht der sich beobachtbar verschärfenden sozialen und ökologischen Probleme, auf die nun noch Knebelverträge aus dem Ideenkasten der Konzernlobbyisten geworfen werden sollen.

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