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Bundesverkehrsminister Dobrindt bekräftigt die Absichten bzgl. ÖPP im Autobahnbau klar und deutlich im Bundestag

Als Ergänzung zu den vorherigen Beiträgen zur Autobahnprivatisierung und ÖPP möchte ich auf den Beitrag des Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) in der heutigen Bundestagsdebatte [1], die unter anderem zum Thema Autobahnpriviatisierung und Grundgesetzänderungen stattfand, hinweisen.

In dieser Debatte nannte Dobrindt einerseits, was Sigmar Gabriel, beraten durch die damalige Fratzscher [2]-Kommission, zum Zeitpunkt der Übergabe des Berichts der Kommission am 21.04.2015 “zu Protokoll gegeben” haben soll. Der ehemalige SPD-Wirtschaftsminister Gabriel soll Folgendes gesagt haben1 [3]:

Privates Kapital kann und muss in Zukunft helfen, die Infrastruktur zu modernisieren. Wir wären ziemlich vernagelt, wenn wir uns diese Alternativen wegnehmen würden, weil wir uns wieder in eine Grundsatzdebatte verlieben.

 

Hier zeigt sich, dass die SPD unter der Federführung von Gabriel offenbar überhaupt kein Problem mit der Beteiligung privater Partner hatte. Auch wenn hier der Einfluss der Fratzscher-Kommission groß sein mag, so zeigt dies doch, wie leicht hochrangige Personen der SPD auf einen Privatisierungszug aufspringen können, wenn sie diesem Einfluss ausgesetzt sind. Man scheint diesem Einfluss zumindest keine eigenständigen Kompetenzen auf diesem Feld entgegensetzen zu können. Da fragt man sich dann schon, wie ernst die SPD es mit ihrer Abschwächung der ÖPP-Pläne gemeint hat. Insbesondere nachdem die SPD mehrmals verkündete, dass sie die Privatisierung endlich aus der Grundgesetzänderung genommen habe, und es dann sogar zum Schluss [4] immer noch nicht nachhaltig ausgeschlossen hat.

Das Problem der jetzt durchgepaukten Grundgesetzänderung ist, dass die dem Staat gehörenden Autobahnen immer noch von privaten ÖPP-Partnern privatwirtschaftlich gebaut, unterhalten und betrieben werden könnten, was ebenfalls auf kostspielige Probleme mit Marktmacht und hohen privaten Profiten hinauslaufen kann. Die von der SPD eingebrachten “Privatisierungsbremsen” schließen nur eher unrealistische Fälle von ÖPP-Partnerschaften aus, und können sogar mit einfachen Gesetzesänderungen ausgehebelt werden, da sie nicht im Grundgesetz stehen. Zudem ist die neue bundesstaatliche Infrastrukturgesellschaft eine private GmbH, so dass ihre Arbeit der betriebswirtschaftlichen Geheimhaltung unterliegt, und ihre Arbeit damit für den Steuerzahler kaum mehr überprüfbar ist.

Wie glasklar beabsichtigt ÖPP-Projekte auch in der jetzt durchgebrachten Grundgesetzänderung sind, daran lässt Dobrindt schließlich gar keinen Zweifel2 [5]:

Natürlich sind öffentlich-private Partnerschaften in Zukunft auch möglich. Das haben wir genau so vereinbart. Es gibt eine Liste von 11 Maßnahmen, die wir vorhaben. Projekte auf unseren Autobahnen, in der Größenordnung von 15 Milliarden Euro öffentlich-private Partnerschaften. Und wir sind übereingekommen, dass wir die genau auch weiterhin so umsetzen wollen und müssen, weil wir uns bei dem was wir investieren, was wir an Hochlauf haben, was wir an Sanierungs-, Erneuerungs-, Erweiterungsarbeiten in unserem Autobahnnetz vor uns haben, auch private Unterstützung brauchen, und dabei bleib ich auch, meine Damen und Herren.

 

Damit ist klar, dass der aktuelle Verkehrsminister weiterhin, zumindest beim Bau von Autobahnen, auf das Pferd ÖPP setzt, egal welch schlechten Eindruck diese Form beim Bundesrechnungshof [6] und auch schon bei anderen Projekten [7]3 [8] gemacht hat. Kritische Anmerkungen zu ÖPP werden nicht von Dobrindt vorgebracht. Inwiefern hier auch Formen des Unterhalts und des Betriebs der (dann besitzrechtlich noch dem Staat gehörenden) Autobahnen vorgesehen sind, geht aus den Aussagen Dobrindts nicht hervor. Aber seine unkritische Haltung gegenüber ÖPP und der unbedingte Wille der CSU eine Autobahnmaut nur für Ausländer durchzusetzen, die trotz Duldung der EU-Kommission von vielen europäischen Ländern bereits angefochten [9] wird, erwecken den Eindruck, dass es hier erste Schritte gibt, um einen zukünftigen Betrieb der Autobahnen über eine zukünftig durchaus mögliche vollwertige Maut für private ÖPP-Partner schmackhaft zu machen. Die Finanzwirtschaft lässt grüßen.

Zum Schluss möchte ich noch auf ein weiteres Zitat hinweisen, dass Dobrindt zu der haushaltspolitischen Sprecherin Antje Hermenau der Grünen zu Zeiten der rot-grünen Bundesregierung zwischen 1998 und 2005 gefunden hat. Auch wenn die Grünen den aktuellen Plänen der Autobahngesellschaft kritisch gegenüberstehen, sagte sie wohl damals laut Dobrindt4 [10]:

Es ist richtig die Autobahnen zu privatisieren. Mit dem Verkauf aller Autobahnen können wir die Hauhaltslöcher stopfen.

 

Man kann nur hoffen, dass in den Köpfen der Grünen tatsächlich ein wirtschaftspolitischer Wandel stattgefunden hat.

  1. Ab Minute 6:50 der Rede Dobrindts [ [11]]
  2. Ab Minute 7:20 der oben verlinkten Rede [ [12]]
  3. Hier noch ein Zitat aus dem Maskenfallartikel “Privat und Staat” zu ÖPP im Allgemeinen: “Bei einer solchen „Partnerschaft“ erteilt eine öffentliche Ebene einem privaten Unternehmen einen Auftrag oder eine zeitlich begrenzte Zuständigkeitspflicht, der/die meisten in sehr komplexen und geheimen Verträgen geregelt sind. Man spart dadurch im ersten Moment Geld und vermeidet mögliche öffentliche Schulden, weil die Unternehmen dafür einspringen. Der Nachteil ergibt sich jedoch daraus, dass die privaten Anbieter höhere Zinskosten auf ihre Schulden zahlen müssen, und zusätzlich noch Gewinne mit ihrem Auftrag trotz dieser Kosten und einer vollständigen Tilgung der Schulden erwirtschaften möchten. Die dafür nötigen Einnahmen verbuchen ÖPP-Partner über die Marktmacht, die sie über die ihnen anvertrauten Projekte zugesprochen bekommen. In den meisten Fällen gibt der öffentliche Sektor auch Kompetenzen auf, die es ihm dann wieder erschweren, die Projekt- und Planungsvorschläge der privaten Partner nachzuvollziehen, um mögliche Schwächen zu identifizieren. Weil öffentliche Institutionen zu feige sind, die Steuern zu erhöhen oder Schulden aufzunehmen, nehmen sie unnötige Kostspieligkeiten privaten Handelns in Kauf, die die Bürger langfristig stärker als Steuern oder öffentliche Schulden belasten.” [ [13]]
  4. Ab 8:57 in der verlinkten Rede [ [14]]