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Keine Große Koalition des würdigen Alterns: Koalitionsvertrag setzt Gaunerstück der Riester-Rente fort

Es gäbe ja unendlich Vieles zum Koalitionsvertrag zu sagen, greifen wir jedoch einen Bereich heraus, der den Geist derer, die da verhandelt haben, auf den Punkt bringt, nämlich den Punkt der (Un-)Gerechtigkeit.

Altersarmut ist eines der größten Probleme, die es hierzulande gibt, und es wird immer größer. Dabei kommt sie eben nicht von ungefähr, sondern wurde zu einem erheblichen Teil politisch gemacht, den Interessen v.a. der Versicherungswirtschaft und der Kapitalseite zuliebe. Es handelt sich um eines der größten Gaunerstücke [1] überhaupt, das bislang immer noch für die Bevölkerung weitgehend unaufgearbeitet ist, nun jedoch seine perfide Verlängerung im Koalitionsvertrag erhält, Zitat:

“Wir halten am Drei-Säulen-Modell fest und wollen in diesem Rahmen die private Altersvorsorge weiterentwickeln und gerechter gestalten. Es ist ein Dialogprozess mit der Versicherungswirtschaft anzustoßen mit dem Ziel einer zügigen Entwicklung eines attraktiven standardisierten Riester-Produkts.” (Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD [2], 7.2.2018)

Hups?! Da wird die Unlogik des Umwegs über den Kapitalmarkt, durch den die Versicherungsbranche fleißig abgreifen kann, schamlos weitergeführt. Wer da Beitragssätze einfach auf 20% begrenzt, schont nicht die abhängig Beschäftigten, sie werden schließlich eines Tages von den gekürzten Renten abhängig sein. Zudem sollen sie nun ja auch einmal mehr zum Ausgleich auf private “Rentenprodukte” setzen, zahlen also dennoch mehr, nur eben nicht mehr in die gesetzliche Rentenversicherung, sondern die private, das heißt also: weniger Netto vom Netto. Dafür greift sich nun jedoch weiterhin die Finanzwirtschaft ihre Renditen ab.

Die Ideologie dahinter ist schnell entlarvt, hat man erst einmal verstanden, dass aus dem BIP IMMER die Älteren zu versorgen sind (Mackenroth-Theorem). Bei mehr Älteren und längerem Leben steigen somit auch die Aufwendungen aus der Wirtschaftskraft für diesen Lebensabschnitt, den schließlich alle Generationen einst beschreiten.

Das ist so, egal auf welche Weise man es nun finanziert, das Umlagesystem der gesetzlichen Rente oder das Abgreifsystem der privaten Rente. Den eigentlichen Hintergrund zum 3-Säulen-Modell hat das SPD-Urgestein Ottmar Schreiner neben vielen anderen gelungen auf den Punkt gebracht:

“Im Jahr 2001 kam es – ich sag das Mal aus meiner sehr subjektiven Sicht – zu dem rentenpolitischen Sündenfall überhaupt, nämlich zu einer Teilprivatisierung der deutschen Rente. Es ging damals nicht um eine Kostenreduktion, die Kosten sind ungefähr gleich geblieben. Es ging aber um eine grobe Umverteilung der Kosten zu Lasten der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. […] Keine Kostenreduktion, sondern eine Umverteilung zu Lasten der Arbeitnehmer, zu Gunsten der Arbeitgeber, und zu Gunsten der privaten Finanzindustrie […]” (Rede von Ottmar Schreiner [3] auf dem Landesparteitag der Berliner SPD, 27.10.2012)

Die neue, alte GroKo wird also einmal mehr zum Täter in Sachen Rentenraub und zum Produzenten in Sachen Altersarmut.

Was hat sie dazu ansonsten noch vorgesehen? Ach ja, Zitat:

“Voraussetzung für den Bezug der >>Grundrente<< ist eine Bedürftigkeitsprüfung entsprechend der Grundsicherung.”

(Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD [2], 7.2.2018)

10% mehr (für die relativ wenigen, die 35 Jahre Beitragszeiten erfüllen) und dafür die Hosen herunter lassen müssen vor der Bedürftigkeitsverwaltung. So sieht also Würde für ein Leben im Alter aus. Auch hier: Reproduktion der himmelschreiend ungerechten Verhältnisse in Anbetracht des himmelschreiend ungerecht verteilten Reichtums der oberen Prozente hierzulande. Und dabei ist schon heute bekannt, wie Bedürftigkeitsprüfungen auch bei älteren Menschen wirken: 68% derjenigen, die Anspruch auf Grundsicherung im Alter haben, nehmen diesen nicht wahr [4], warum wohl? Doch nicht, weil sie die Euros, die sie unterhalb des Existenzminimums leben, nicht bräuchten, sondern v.a. aus Scham und aus dem Streben nach Selbstwerterhalt.

Der Koalitionsvertrag tut einzig gut daran, den Begriff Grundrente in Gänsefüßchen zu fassen. Es handelt sich nämlich um keine Grundrente, die Lebensleistungen anerkennt und Gerechtigkeit schafft, sondern um ein schlechtes Pflaster, das auf brennende Wunden geklebt wird, die eigentlich versorgt werden müssten.

Sozialdemokratie geht anders, und wäre die einzig richtige Alternative, daher: NoGroKo!, z.B. hier [5] oder hier [6].