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No 361

“Schon eine einfache Auflistung der Regierungsziele erhellt die Brisanz des Programms. Die >>gelb-grüne Regierung<< (Gelb steht für M5S, Grün für Lega) würde erstens die Rolle der Cassa Depositi e Prestiti – das italienische Pendant zur KfW – ausweiten, um schlicht und einfach wieder Industriepolitik betreiben zu können. Eine Absage wird außerdem den Praktiken des Bail-In im Bankensystem erteilt. Die oberste Priorität ist die Rückgewinnung des Vertrauens der Sparer. Die stark ramponierte Bank Monte dei Paschi di Siena, die vom Staat neulich gerettet wurde, müsste zum großen Teil in öffentlicher Hand bleiben und die traditionelle Rolle der lokalen Banken wieder ins Zentrum gestellt werden. Schließlich wird die Wiedereinführung der Trennung zwischen Investment– und Commercial-Banking angestrebt. Programme, die extra dafür geschmiedet wurden, um das Personal und die Präsenz von Monte dei Paschi auf diesem Territorium abzubauen, werden abgelehnt.
Auch bei der hohen öffentlichen Verschuldung müsse eine kopernikanische Wende vollzogen werden. Die ‚ptolemaische’ Strategie des >>Abbaus<< des Verhältnisses öffentliche Verschuldung / BIP, die die Reduzierung der öffentlichen Ausgaben als Hebel benutzt, soll fallen gelassen und stattdessen ein ordentliches Wachstum des BIPs durch mehr Staatsausgaben angestrebt werden. Die Gelb-Grünen sehen natürlich die Inkompatibilität des keynesianisch-kopernikanischen Rezepts mit den europäischen Verträgen, die seit den Achtzigern abgeschlossen wurden. Diese sollen nun neu diskutiert werden.
Eine klare Absage wird dem Fiskalpakt erteilt, der in den Augen der neuen Verbündeten dem Geist und dem Text der italienischen Verfassung widerspricht. Ziel der italienischen Wirtschaftspolitik müsse die Wiederbelebung der Binnennachfrage sein, also des Konsums und der Investitionen.”1

(Giuseppe Vandai, Autor auf Makroskop – Die GroKo der Eurokritiker, Makroskop, 24.5.2018)

  1. Anm. JJ: Was Herr Vandai über das ökonomische Programm der neuen Regierungskoalition in Italien schreibt, scheint tatsächlich in weiten Teilen der Gegenentwurf zur marktfixierten Ausrichtung von EU und Eurozone zu sein. Würde solch ein Programm sich annähernd durchsetzen und Erfolge zeitigen, müssten neoliberale Dogmatiker befürchten, dass sie in der Öffentlichkeit endgültig auffliegen und das Konzept der staatlichen Steuerungsfähigkeit in einer Welt von Unsicherheit und großen Aufgaben wiederentdeckt wird. Aber keine Angst, wenn schon diesmal nicht der deutsche Finanzminister die neoliberale Trutzburg gegen italienische Anwandlungen verteidigen kann, so steht zumindest die EZB in vorderster Front, um einmal mehr zu zeigen, welch verheerende Kräfte die deregulierten Finanzmärkte auf einen Staat im Eurokorsett entfalten können, wenn sie erst wieder ganz von der Kette gelassen werden, um ihn zur “Vernunft” zu bringen. Siehe dazu einen aktuellen kurzen Beitrag von Paul Steinhardt auf Makroskop. []

Jascha Jaworski

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