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No 417

“Deutschland steht vor einer neuen Wohnungsfrage. Der anhaltende Boom am Immobilienmarkt spaltet die Gesellschaft in Gewinner und Verlierer. Auf der einen Seite haben die Preissteigerungen seit 2011 deutsche Immobilienbesitzer um etwa 3 Billionen Euro reicher gemacht. Diese Vermögenzuwächse entsprechen in etwa dem deutschen Bruttoinlandsprodukt eines Jahres und übersteigen die gesamte deutsche Staatsverschuldung um gut eine Billion Euro. Mehr als die Hälfte der Kapitalgewinne entfiel auf die reichsten 10% der Deutschen, aber auch Haushalte der oberen Mittelschicht (80stes Perzentil) haben stark profitiert. Ihr Vermögen ist durch den Boom um etwa 50% auf 380.000 Euro gestiegen. Städtische Mieterhaushalte mit geringem Einkommen sind die großen Verlierer des Booms. In den Städten sind die Mieten im letzten Jahrzehnt dort am stärksten gewachsen, wo einkommensschwache Haushalte leben (>>Gentrifizierung<<). Obwohl steigende Mieten zeigen, dass das zu geringe Angebot von Wohnraum und nicht das niedrige Zinsumfeld den Boom am Immobilienmarkt treiben, versäumt es Deutschland weiterhin, die niedrigen Zinsen für zusätzliche Investitionen zu nutzen. Unsere Prognose des Wohnungsbedarfs bis 2030 lässt erwarten, dass das soziale Konfliktpotential der neuen Wohnungsfrage weiter zunehmen wird: Im Jahr 2030 werden knapp eine Million Wohnungen fehlen, davon allein 340.000 in den sieben größten Städten.”

(Till Baldenius, Sebastian Kohl, Moritz Schularick – Die neue Wohnungsfrage – Gewinner und Verlierer des deutschen Immobilienbooms, Universität Bonn, Juni 2019)

Jascha Jaworski

4 Kommentare

  1. Die (meist steuerfreien) Gewinne beim Immobilienvermögen bleiben in der Öffentlichkeit weitgehend unbeachtet. Die steigenden Immobilienwerte sind wesentlich durch die niedrigen Zinsen bedingt, weil Zins- und Tilgungsbelastung vielfach deutlich niedriger sind als die Kaltmiete. Die niedrigen Zinsen erhöhen den Gewinn der alten Immobilieneigentümer weiter, weil ihre Kosten deshalb massiv sinken. Falls man eine Baupflicht für unbebaute Grundstücke umsetzen könnte (zusammen mit der neuen Grundsteuer C), könnten die niedrigen Zinsen neue Wohnungen ermöglichen, auch wenn es zu einem bundesweiten Mietenstopp kommt.

  2. Die Gewinne in der Immobilienbranche, müssten durch eine Steuer weitgehendst abggriffen werden. Denn die Wertzuwächse sind in erster Linie durch die Verbesserungen der Infrastruktur erzielt worden, weniger durch die Modernisierung der Vermieter, die ja auch noch auf die Miete bis zu 11 % umgelegt werden konnten, (heute wohl 8%) die angeblichen Einsparungen bei den Energiekosten, ist auch eine Propaganda hoch drei. Wenn man sich vorstellt alleine in München sind seit den 50ziger Jahren die Preise um 36000 % gestiegen, wofür die Vermieter welche eigene Leistungen erbracht haben? Wenn man doch noch berückstigt, das die Immobilien Besitzer jährliche Abschreibungen auf Gebäude vornehmen können plus die Kosten für Modernisierung auch abgeschrieben werden können, vorausgesetzt man investiert überhaupt?

  3. Steuerfreie Gewinne fallen bei Verkauf von Immobilien immer erst nach 10 Jahren an. Ansonsten werden Mieteinnahmen mit der Einkommenssteuer versteuert.
    Bei Kapitalgesellschaften , die grunderwerbsteuerfrei Tausende Wohnungen
    auf einen Schlag erwerben können , sind die Steuer-Vermeidungsstrategien
    – erfahrungsgemäß im Hinblick auf Steueroasen für sehr große Firmen, und D gehört dazu – , wohl exorbitant größer.
    Bei hohen Einnahmen und evtl. noch hohem Eigengehalt als Angestellter etc.
    ist man schnell bei 45% Steuerabgaben. Die kann man durch Ausgaben in die Immobilie senken/steuern,das Geld ist dann aber netto erst mal weg. Das heißt einfach nur Verfügung über einen Cash-Flow. Und das heißt die Einkünfte und eventuelle Gewinne sind erst mal bescheiden.Sie können beständig. sein , wenn man alles austariert. Wer Investitonsstau zulässt zahlt mehr Steuern und kann dann auch auf Mittel- und Langzeitperspektive kaum höhere Mieten verlangen, aufgrund fehlender Merkmale für ein Mieterhöhungsverlangen , dem zugestimmt werden muß.
    Der rest des “Gewinns” muß für große Sanierungsmaßnahmen in Rücklage – ohne Zinsen- gebracht werden.
    Weiter steigen die Baukosten p.a. um 5% und mehr. Die Inflalion nicht um die propagierten 2-2,5% sondern eher versteckt um ca.5 % . Handwerkerleistungen sind exorbitant teuer. Pro qm Totalsanierung , bei z.B. einem heruntergekommenen 1-Famileinhaus , die alle 30-50 Jahre anfallen ,
    sind 1600.- Euro pro qm , z.Zt., anzusetzen. In Mietshäusern wohl etwas weniger. Um für finanzielle Sicherheit für die “Unternehmung Vermieten”
    zu sorgen , kommen also nur zuverlässige und solvente Mieter in Betracht. Speziell nach Modernisierung etc., was z.T. ja auch gesetzlich erzwungen wird.
    Fehlende , bzw. abnehmende Kaufkraft durch keine oder zu niedrige Lohnsteigerungen mit immer größerer Kaufkraftverlust – siehe Maskenfall-, Inflation , steigende Bau- und Renovierungskosten kosten, neue Investitionsvorschriften (ENEV) , sowie steigender Anspruch an Wohnungskomfort durch Mietinteressenten selbst sind Hauptursachen für steigende Mieten. Daneben das , wohl eine alte Zahl , tägliche 40 Milliarden-$ Heer marodierenden Anlagevermögens , das Gewinn sucht und alles aufkauft , was einer möglichen Totalentwertung durch Inflation oder Währungsschnitt entgehen kann. Landgrabbing etc.pp. .
    Dazu kommt eine sich permanent verändernde Rechtsprechung und rechtliche Verunsicherung.Wer sich in dem Haifischbecken sozial verhält und seine Mieten nicht anpasst , wie meistens Senioren und Leuten vom alten Schlag ,
    noch nicht durch und durch vom Kapitalismus durchdrungen , sind dann die ökonomischen Verlierer. Sie können erhöhte Mieten gar nicht mehr durchsetzen und haben keine ausreichenden Rücklagen. Abgesehen davon , daß sie sich den Luxus einer Immobilie i.d.R. noch selbst hart erarbeitet haben.
    Fazit: Der Staat und seine Politik sowie das Wirtschaftsystem/Großinvestoren , daß dies alles diktiert , treiben Mieten und Nebenkosten permanent hoch.

  4. Korrektur
    Es , eine wohl alte zahl , marodieren 4 000 Milliarden täglich anlagesuchend auf dem Planeten herum. 40 Mrd. ist die Summe der tatsächlichen Investitionen weltweit pro Tag. Also die Finanzindustrie hat ein 100 x größeres wirtschaftliches Gewicht und finanzielle Macht als die Reale Wirtschaft.

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