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No 432

“[Werner Schulz, MdEP Die Grünen, damaliger Bürgerrechtler:] >>Die westdeutschen Banken haben den größten Reibach gemacht, weil sie das gesamte Finanzwesen der DDR mit einem Schlag bekommen haben und damit sämtliche Verbindlichkeiten, also sämtliche Altschulden, die in einer gewissen Weise natürlich aufgewertet worden sind durch die Währungsumstellung.<<
Zum Beispiel die Genossenschaftsbank der DDR, für 106 Mio. DM ging sie an die westdeutsche DG-Bank. Wieder zu wenig, laut Rechnungshof, denn die DG-Bank erwarb damit auch Altkredite im Wert von 15,5 Mrd. DM, eine sichere Einnahme, denn der Bund garantierte die Rückzahlung dieser Altkredite. Ein Milliardengeschenk. […]
Die Bankenprivatisierung hatte für DDR-Industriestandorte verheerende Folgen. Beispiel Eisenhüttenstadt. […]
[Verena Rührbach, Wohnungsbaugenossenschaft:] >>Die Altschulden rühren natürlich aus der Wendezeit heraus. Wir haben ja zu DDR-Zeiten für den Wohnungsbau Kredite vom Staatshaushalt erhalten, d.h. wir haben keine Kreditverträge, aber der Staat hat die Zinsen, diese Kredite bezahlt. Und zur Wende wurden einfach diese Kredite in unsere Bilanzen einbezogen. Irgendjemand musste sie ja bekommen. Und da wir Eigentümer der Häuser waren, gab das D-Mark-Bilanzgesetz vor, diese Verbindlichkeiten müssen dann bei den Wohnungsgesellschaften auftauchen. Und dadurch haben wir fiktive Kredite in unseren Büchern, die uns bis heute noch stark belasten.<< […]
Aus Staatskrediten wurden Schulden bei Privatbanken.”1

(Die Treuhand und die Abwicklung der DDR, Frontal 21 Dokumentation, Erstausstrahlung September 2010)

  1. Anm. JJ: Hier wird leider in der Dokumentation nicht ausführlich genug berichtet, da die Forderungen gegenüber Unternehmen etc. auf der anderen Seite natürlich auch Einlagen der DDR-Bürger*innen zu decken hatten. Diese beliefen sich laut Statistischem Jahrbuch der DDR 1989 auf rund 159 Mrd. DDR-Mark. Beim Währungsumtausch wurden diese dann je nach Lebensalter der Einleger*innen bis zu bestimmten Beträgen im Verhältnis 1:1, darüber hinaus im Verhältnis 2:1 in DM umgetauscht. Gleichwohl, die westdeutschen Banken konnten u.a. tolle Zinsgewinne machen, da sie aufgrund der Staatsgarantien für die Forderungen kein Risiko hatten und zugleich Marktzinsen erhielten. Was die Dokumentation dankenswerter Weise anspricht, ist die katastrophale Währungsrelation, die nicht nur die Finanzverbindlichkeiten für ostdeutsche Betriebe unerträglich machte, sondern auch die Löhne, die ja sogar 1:1 umgestellt wurden. Tatsächlich eine Schocktherapie mit absehbarem Ausgang. Für die westdeutschen Unternehmen und Banken jedoch eben die Goldgrube, die die Treuhandanstalt, von vielen als “Freihand” verstanden, allzu weit öffnete. Hoffentlich wird diese Zeit irgendwann noch einmal gründlich aufgearbeitet werden. Das würde den verantwortlichen Politikerinnen und Politikern und ihren Nachfolgern jedoch wenig gefallen, wie nicht nur die massive Befugniseinschränkung gegenüber dem damaligen Untersuchungsausschuss zur Treuhandanstalt deutlich macht. []

Jascha Jaworski

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