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No 457

“Das Flüchtlingslager Moria auf der griechischen Insel Lesbos. Kinder und Erwachsene stehen wartend an Wasserhähnen, im Freien aufgebaut, lediglich von kleinen Holzbrettern überdacht. Auch eine Handvoll Duschkabinen befindet sich hier, vor ihnen stehen mehrere Menschen mit verschränkten Armen. Das Wasser läuft nicht. Ein Video der Hilfsorganisation >>Mission Lifeline<< zeigt wütende, verzweifelte Gesichter. In Moria derzeit nicht das einzige Problem. In dem Camp, ausgelegt für 3000, bewohnt von über 20.000 Geflüchteten, ist nach Angaben der NGO auch die Krätze ausgebrochen. Medikamente sind Mangelware, Ärzte praktisch kaum noch vorhanden. Mit der rasanten Verbreitung des Coronavirus droht den Schutzsuchenden auf der Insel eine humanitäre Katastrophe. Die letzten verbliebenen Helfer bereiten sich auf das Schlimmste vor. Die Bewohner sind großteils sich selbst überlassen.
[…] Im offiziellen Lagerbereich stehen einer Familien rund sechs Quadratmeter zur Verfügung, die einzelnen Privatbereiche sind durch aufgehängte Tücher oder Decken getrennt. In der umliegenden Zeltstadt sind die Lebensverhältnisse noch beengter. Helfer berichten, dass nun auch der Mülltransport sowie die Trinkwasser- und Essensausgabe eingeschränkt wurden. >>Die Essensrationen für Kinder hat man auf 1000 Kalorien am Tag reduziert<<, sagte der Aktivist Dariuz von der NGO >>Mare Liberum<<. Die Gefahr von gewalttätigen Auseinandersetzungen steigt. >>Eine Evakuierung des Lagers ist die einzige Möglichkeit, um Schlimmstes zu verhindern<<, so >>Mission Life Line<<.
Seit Mitte März sind die Zufahrtsstraßen in das Camp weitgehend abgesperrt, nur wenige Hilfstransporte erreichen noch das Lager. Das Verlassen desselben unterliegt strengen Einschränkungen. Die meisten NGOs haben ihr Fachpersonal abgezogen, auch Polizei und Militär sind kaum noch präsent. Einige Schutzsuchende haben sich in dieser Situation zum >>Moria Corona Awareness Team<< zusammengeschlossen. Sie betreiben gesundheitliche Aufklärung, sammeln Müll, verteilen Plastiktüten, Handschuhe und Masken. Sie empfehlen anderen Geflüchteten, in den Zelten und Containerunterkünften zu bleiben. Von der UN, der griechischen Regierung und der EU fühlen sie sich alleine gelassen.”1

(Sebastian Bähr, Journalist – Mit Corona allein gelassen, Neues Deutschland, 28.3.2020)

 

  1. Anm. JJ: Willkommen im 21. Jahrhundert, jener Zeit, in der der nie dagewesene Reichtum in der Welt dazu genutzt wurde, die absurdesten Verteilungsverhältnisse zu schaffen, deren Speckschicht ihre überflüssige Kaufkraft dazu nutzte, die sinnentleertesten Scheinwelten zu schaffen, während das Elend zunehmend seine Bahnen zog. All das, anstatt die Menschheit zu wappnen, vor so viel vorhersehbarem Übel, dem man mit reichlich Ressourcen hätte begegnen können, hätten seine Verwalter doch nur weise gehandelt, hätten sie nur teilen wollen. Was für eine Dystopie in und vor den Toren des “Fortschritts”. Und dennoch: Soll die rechte griechische Regierung – der hässliche Ausdruck kulminierter Verzweiflung in Europas Schuldenkolonie –  von der Bundesregierung ihre Kooperation endlich milliardenversüßt bekommen, solange selbige Bundesregierung und andere sich dann nur nicht mehr hinter ihr verstecken können. Kinder und Risikogruppen aufnehmen, Versorgung aller sicherstellen, Menschenrechte einhalten, jetzt! []

Jascha Jaworski

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