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No 459

“Wir können sagen, dass wir Dinge wie stärker ausgebaute Überwachungsbehörden oder gesteigerte Polizeikräfte zur Durchsetzung der Quarantäne oder Fähigkeiten von Regierungen und Unternehmen in Hinblick auf eine umfassendere Rückverfolgung befürworten, was wir solange tun, bis die Krise vorüber ist. Aber die Realität sieht ganz anders aus. Es ist fast unvermeidbar, dass Befugnisse, die in die Hände von Regierungen und Unternehmen im Namen einer vorübergehender Notlage gelegt werden, alles andere als vorübergehend sind. […]
Ich denke, das wahrscheinlich beste Beispiel sind die Maßnahmen, die nach dem 11. September ergriffen wurden, beginnend mit dem Patriot Act, der verabschiedet wurde, obwohl das World Trade Center noch in den Trümmern lag, dies als wirklich radikalstes, als bedrohlichstes und gefährlichstes Gesetz, das seit Jahrzehnten in den Vereinigten Staaten gesehen wurde. Und doch lautete die Antwort von denjenigen, die zu den Befürwortern des Erlasses gehörten: >>Oh, keine Sorge, wir stellen eine Verfallsklausel in den Gesetzentwurf, um sicherzustellen, dass er nach einigen Jahren abläuft […]<<.
Und doch sind wir fast 20 Jahre später hier und keine der Maßnahmen des Patriot Act ist abgelaufen. Jedes Mal, wenn der Patriot Act zur erneuten Genehmigung vorgelegt wird, wird er nicht nur verabschiedet, sondern er wird mit überwältigender Mehrheit von 91 zu 9 oder 90 zu 8 Stimmen durch den Senat verlängert. Und er wurde nicht nur nicht aufgehoben, auch Reformversuche wurden abgelehnt. […]
Gleiches gilt für die Genehmigung zur Anwendung militärischer Gewalt, die nach dem 11. September mit der Begründung erlassen wurde, dass der Präsident die für den Angriff vom 11. September Verantwortlichen ausmerzen könne. Und doch berufen sich Präsident Bush und dann Präsident Obama und jetzt Präsident Trump 19 Jahre später immer noch auf eine angebliche rechtliche Autorität, um zu bombardieren oder anderweitige militärische Gewalt gegen Gruppen auszuüben, die zum Zeitpunkt der Anschläge vom 11. September noch nicht einmal existierten, geschweige denn die Verantwortung für diesen tragen.”1 [1]

(Glenn Greenwald, US-Journalist – Are We Vesting Too Much Power in Governments and Corporations in the Name of Covid-19? With Edward Snowden [2], The Intercept, 9.4.2020, Übers. Maskenfall)

  1. Anm. JJ: Ein wichtiges Thema, das Glenn Greenwald aufgreift und dazu Edward Snowden interviewt. In Zeiten der Corona-Pandemie muss man kritisch gegenüber noch so gut gemeinten Maßnahmen sein, die die Überwachungsstrukturen ausbauen und Bürgerrechte einschränken. Die Empirie zeigt, dass es häufig kein vollständiges Zurück mehr gibt. So schwerwiegend Krisen auch sind, es sollte doch immer darum gehen, einen kühlen Kopf zu bewahren und kritische Maßnahmen dahingehend zu prüfen, ob sie verhältnismäßig sind, also neben dem legitimen Zweck, dem sie dienen, auch geeignet, erforderlich und angemessen sind, dies auch unter dem Blickwinkel vergangener Erfahrungen. [ [3]]