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Colin Crouch über Neoliberalismus und Occupy

Colin Crouch spricht über die zwar schlichten, jedoch machtdienlichen Handlungsanweisungen des Neoliberalismus und die Notwendigkeit einer kritischen gesellschaftlichen Bewegung zur Förderung von Alternativen und Umsetzung zusammen mit der politischen Linken:

http://www.freitag.de/politik/1223-vielleicht-hat-occupy-schon-heute-mehr-erreicht-als-die-68er

Besonders Deutschland hat sich durch die rot-grüne Agenda 2010, die das Sozialsystem und den Arbeitsmarkt unternehmenshörig “reformierte” als neoliberales Kernland hervorgetan und erzwingt nun durch Frau Merkels Dominanz als Vertreterin des größten Nettogläubigerlandes die Ausdehnung auf ganz Europa (Fiskalpakt). Wieder werden neben CDU/CSU und FDP hierbei auch SPD und Grüne die neoliberale Exekutorenrolle übernehmen, indem sie dem Fiskalpakt in Bundestag und Bundesrat voraussichtlich ihre Zustimmung erteilen werden und somit den weiteren Fortgang erst ermöglichen. Man sollte sich vor Augen halten, dass:

1. unter der Kanzerlschaft von Gerhard Schröder der Ausbau des Niedriglohnsektors erfolgreich angestrebt wurde, wodurch Deutschland zu seinen enormen Exportüberschüssen auf Kosten seiner Arbeitnehmer_innen, Rentner_innen und Sozialhilfeempfänger_innen gelangte

2. durch diese unfaire Wirtschaftspolitik Deutschland in seine gigantische Gläubigerposition gegenüber Europa gehievt wurde, mit der seine politischen Akteure nun – in wessen’s Interessensvertretung auch immer, zumindet nicht ernsthaft jener der Bevölkerungsmehrheit – seine Verelendungspolitik zum Exportprodukt machen, das

3. die anderen Staaten der Eurozone erwerben müssen, da sie sonst keine Kreditgelder (EFSF, ESM) bekommen und mit unabschätzbaren Folgen aus dem Euroverbund herausfallen

4. diese Politik den Menschen als notwendig und alternativlos dargestellt wird, obwohl sie erst die neoliberale Antwort auf selbst geschaffene neoliberale Probleme (Wettbewerbsfähigkeitssteierung durch Lohnsenkung = Förderung von Exportüberschüssen und somit Auslandsverschuldung der anderen Eurostaaten) ist

5. der Glaube der Menschen hierzulande auf eine Heilung durch Sparprogramme aus dem makroökonomisch blödsinnigen schwäbische-Hausfrauen-Bild resultiert, das als Cover-Story durch Politik und Medien in den Köpfen verankert wird

6. die Wut und Verzweiflung der Bevölkerungsmehrheiten in Europa auch auf einander hierbei zunimmt, obwohl nicht sie es waren, die von der multiplen Vorantreibung der Ungleichheiten durch die neoliberale Politik profitierten

Unterm Strich bleibt, dass eine Ideologie der Partikularinteressen bezüglich ihrer politischen Maßnahmen durch massenmediale Schützenhilfe als notwendig zum langfristigen Wohle der Allgemeinheit verkauft wurde. Dies gelingt weiterhin, da die machterhaltenden Geschichten nicht genügend hörbare Widerworte erfahren. Zugegeben, derartige Konstellationen sind nichts Neues, doch die einigermaßen ruhigen Zeiten scheinen nun in allen Teilen Europas vorüber zu sein.

Jascha Jaworski

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