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No 589

“Vor 50 Jahren gab es eine ganz besondere Situation in der Weltwirtschaft: Es gab einen großen Angebotsschock, die Ölpreise stiegen, Öl wurde aber weiter in nahezu unveränderter Menge konsumiert, die Ölproduzenten machten enorme Gewinne, die gemessenen Inflationsraten in den westlichen Ländern gingen nach oben und die Notenbanken erhöhten die Zinsen, um die Inflation zu bekämpfen. Das Ergebnis war eine tiefe Rezession, enorme globale Einkommensverluste und die erste Welle an Massenarbeitslosigkeit, deren Folgen bis heute nicht wirklich überwunden sind.
Kommt Ihnen bekannt vor? In der Tat, die Ähnlichkeiten mit der heutigen Situation sind verblüffend und eigentlich offensichtlich. […]
Warum ist das, was passiert, so gefährlich? Ist es nicht so, dass das Einkommen der Welt durch den Angebotsschock nur umverteilt wird? […]
Das Problem heute wie damals ist, dass diejenigen, die von den hohen Preisen profitieren, ohnehin schon sehr reich sind, schon jetzt kaum wissen, was sie mit ihrem Reichtum anfangen sollen. Das Emirat Katar ist das klassische Beispiel. Folglich werden die, deren Einkommen stark steigen, weit weniger von diesem zusätzlichen Einkommen wieder ausgeben, als es diejenigen getan hätten, deren Einkommen jetzt sinken. Was bedeutet, dass das Sparen in der Welt deutlich zunimmt bzw. die Nachfrage nach Gütern und Dienstleistungen deutlich abnimmt.
Muss das schlecht sein? Bedeutet mehr Sparen nicht automatisch mehr Investieren? Das ist leider nicht so einfach. Der einzige Mechanismus, den sich die herrschende Lehre der Ökonomen ausgedacht hat, der aus mehr Sparen mehr Investieren macht, hat mit den Zinsen zu tun. […]
Dumm nur, dass die meisten Notenbanken der Welt, vorneweg die amerikanische und die EZB, derzeit die Zinsen anheben, weil sie den gegenwärtigen Preisschub als allgemeine Inflation einstufen und sich von der öffentlichen Meinung gedrängt fühlen, diese mit dem Mittel der Zinsanhebung zu bekämpfen – ohne Rücksicht auf Nebenwirkungen.”

(Heiner Flassbeck, ehem. Chefvolkswirt der UNCTAD – Rezession ante portas – Warum wiederholt man die alten Fehler?, Relevante Ökonomik, 7.10.2022)

Jascha Jaworski

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