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No 594

“[…] Die bayerische Polizei steckte Klimaaktivist:innen in Präventivgewahrsam, die CDU fordert Strafverschärfungen und will das Versammlungsrecht indirekt beschneiden, der Kanzler rüffelt die Klimaproteste der Letzten Generation, der Bundesjustizminister spricht von Gefängnisstrafen für die Demonstrierenden, die Innenministerin unterstützt ein hartes Durchgreifen der Polizei während andere Politiker:innen die Proteste als >>demokratiefeindlich<< bezeichnen. Der hessische CDU-Justizminister brachte gar Terror-Anklagen ins Spiel. Es fehlte nur eigentlich nur noch, dass jemand das Verbot von Warnwesten und Sekundenkleber forderte.
Heraus kam auch: In Berlin lässt der Innensenat der rot-grün-roten Landesregierung, das muss man sich auf der Zunge zergehen lassen, sogar exklusiv Beweise gegen Klima-Aktivisten durch die Feuerwehr sammeln. Als gäbe es keine sonstigen Demos, Unfälle, Baustellen, fehlende Rettungsgassen, Fanmeilen, Zweitreihenparker, Großveranstaltungen, Karnevals und Marathons, die Hindernisse für Rettungswägen im täglichen Verkehrs-Infarkt der Hauptstadt darstellen. Das ist Kampagne statt Empirie.
Gleichzeitig trommeln Bild, Welt und Focus in einem medialen Dauerfeuer einmütig zusammen mit rechtsradikalen Stimmungsmachern gegen die Klimaproteste. Ein Feindbild wird gemacht. Es geht gegen diejenigen, die gerade am sichtbarsten auf die Klimakatastrophe aufmerksam machen. Die Verdrängungsgesellschaft will nicht gestört werden, sondern weiter Brumm-Brumm und Bling-Bling machen. […]
Man sollte über die Art und Weise und die Adressat:innen des Protestes der Letzten Generation diskutieren, man muss diese Gruppe und ihren verbissen-humorfreien Habitus nicht gut finden, man kann ihre Strategie für grundfalsch halten. Man kann aber auch einfach nüchtern und anerkennend feststellen: Die Klimakrise ist das drängendste Problem der Menschheit, die Ampel-Regierung verfehlt die Klimaziele krachend – und die Letzte Generation macht darauf unübersehbar gewaltfrei aufmerksam.”

(Markus Reuter, Redakteur bei netzpolitik.org – Im Fadenkreuz der Verdrängungsgesellschaft [1], netzpolitik.org, 11.11.22)