Diesen Artikel drucken Diesen Artikel drucken
0

No 612

“[…] Während es außer in Hiroshima und Nagasaki glücklicherweise bisher zu keinem weiteren kriegerischen Einsatz von Atombomben gekommen ist, findet man im Internet eine Liste der atomaren Beinahe-Unfälle (nuclear close calls). Darunter versteht man >>Vorfälle<<, die zumindest einer unbeabsichtigten nuklearen Detonation oder Explosion hätten führen können.
Die Liste zeigt, dass seit den 1950er-Jahren bis Anfang der 1990er-Jahre insgesamt mindestens 16 Vorfälle dieser Art bekannt geworden sind, die einen Atomkrieg hätten auslösen können.
Drei dieser sogenannten >>Vorfälle<< möchte ich als Beispiele kurz anführen.
Auf dem Höhepunkt der Kuba-Krise hätte ein sowjetisches U-Boot in der Nähe der von den USA errichteten Sperrzone um Kuba beinahe einen nuklear bewaffneten Torpedo abgefeuert, während es von amerikanischen Zerstörern verfolgt wurde.
Das Boot hatte wegen schwacher Batterien den Kontakt zu seiner Leitstelle in der Sowjetunion verloren und der Kommandant befürchtete, dass der Krieg gegen die USA bereits begonnen hatte. Er ordnete den Einsatz eines Atomtorpedos mit einer 10-Kilotonnen-Bombe, vergleichbar mit der Hiroshima-Bombe, gegen die amerikanische Flotte an, die das Boot bedrängte.
Für den Abschuss des Torpedos hätten drei Verantwortliche des U-Boots zustimmen müssen. Der Kapitän und ein weiterer Verantwortlicher gaben ihre Zustimmung für den Abschuss, aber der zweite Befehlshaber, der junge sowjetische Marine-Offizier Wassili Archipow, verweigerte seine Zustimmung. Es gelang ihm, den Kapitän zu beruhigen, und das Boot konnte wieder auftauchen und Kontakt mit seiner Leitstelle aufnehmen.
Zu einer weiteren höchst gefährlichen Situation kam es bei dem Manöver >>Able Archer<<<, das von Nato-Streitkräften und leitenden Politikern im November 1983 durchgeführt wurde. […]
Nach der Kündigung des ABM-Vertrages 2001 und des INF-Vertrags 2019 droht jetzt die Stationierung neuer Mittelstreckenwaffen und ein erneutes Wettrüsten zwischen den beiden größten Atommächten. Mittelstreckenwaffen sind, wie dargestellt, keine Defensivwaffen, sondern aufgrund ihrer kurzen Vorwarnzeit Erstschlagswaffen. Damit wächst die Gefahr eines Atomkrieges in Europa. […]”1

(Klaus-Dieter Kolenda, Arzt und Mitglied bei IPPNW – Ukraine-Krieg: Einsatz von Atomwaffen wieder möglich, Telepolis, 12.11.2022)

  1. Anm. JJ: Noch einmal der Verweis auf einen Artikel von Klaus-Dieter Kolenda, der mit vielen Informationen auf die Atomkriegsgefahren unserer Zeit hinweist. Lohnenswert. []

Jascha Jaworski

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Time limit is exhausted. Please reload CAPTCHA.