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No 705

“Die Stationierung landgestützter Mittelstreckenraketen mit einer Reichweite von knapp 3.000 km hat das Potential, von Deutschland aus Ziele von strategischer Bedeutung in der Tiefe Russlands nach kurzer, verdeckter Vorbereitung anzugreifen. Gegenüber see- und luftgestützten Systemen sind die verbleibenden Warnzeiten erheblich reduziert. Die Stationierung verändert somit das strategische Gleichgewicht zwischen den USA und Russland. Die Bedrohung vitaler Sicherheitsinteressen Moskaus allein als eine Reaktion auf den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine zu rechtfertigen, greift angesichts der schwerwiegenden Folgen zu kurz. Denn eine Ausweitung des Konflikts auf ganz Europa und eine Gefährdung der strategischen nuklearen Stabilität muss verhindert werden. […]
Die Stationierungsentscheidung ohne paralleles Dialogangebot reduziert signifikant die Aussichten, die Rüstungskontrolle in Europa und weltweit wiederzubeleben und einen globalen und regionalen Rüstungswettlauf zu verhindern. Dies steht im Widerspruch zu den Zielen der Nationalen Sicherheitsstrategie der Bundesregierung.
Die erwartbare russische Gegenstationierung nuklearfähiger Raketen wird Deutschland einer erhöhten Gefährdung aussetzen. Die absehbare Eskalation der Spannungen mit Russland wird die Sicherheitslage Deutschlands verändern und das atomare Risiko für Deutschland im Konfliktfall gravierend erhöhen.
Dass eine Entscheidung von solcher Tragweite für die Sicherheit Deutschlands als exekutiver Akt mitgeteilt wird, ohne sie im Vorfeld im Deutschen Bundestag und in der deutschen Öffentlichkeit ausführlich zu diskutieren, ist ebenfalls befremdlich. Denn sie erschließt sich nicht aus der Nationalen Sicherheitsstrategie von 2022. Die Verschärfung der Konfrontation in Europa und die Erhöhung des atomaren Risikos Deutschlands verlangen eine breite und inklusive nationale Diskussion.”

(Wolfgang Richter, Oberst a.D., ehem. leitender Militärberater in den deutschen VN- und OSZE-Vertretungen – Stationierung von U.S. Mittelstreckenraketen in Deutschland – Konzeptioneller Hintergrund und Folgen für die europäische Sicherheit, Webseite der Friedrich-Ebert-Stiftung, Juli 2024)

Jascha Jaworski

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