“Also wir haben eindeutige Gutachten, wir haben Haftbefehle des Internationalen Strafgerichtshofs, wir haben diverse Berichte von internationalen Menschenrechtsorganisationen, von NGOs, von UN-Agenturen, von Rechtsexperten, und angesichts dieser ganzen Aufmerksamkeit könnte man ja meinen, wir erleben gerade eine Sternstunde des Völkerrechts. Dabei erleben wir eigentlich gerade das genaue Gegenteil, nämlich die dunkelsten Zeiten seit Einführung völkerrechtlicher Normen. Weil diese jeden Tag gebrochen werden und verletzt werden, im Sudan, in der Ukraine, in Myanmar, und eben ganz besonders in Gaza. Palästinensisches Leben in Gaza ist dort wie nie zuvor existenziell bedroht. Seitdem Israel die Waffenruhe am 18. März beendet hat, wurden an manchen Tagen bis zu 100 Kinder getötet. Das sind drei Schulklassen an einem Tag. Zivile Infrastruktur wird weiterhin angegriffen, auch gezielt angegriffen, viele Einrichtungen sind schon weitgehend zerstört, Krankenhäuser, Schulen, Universitäten, Moscheen, Kirchen, ohne überzeugende Beweise, dass von diesen Orten eine militärische Gefahr ausgegangen wäre zum Zeitpunkt des Angriffs. Jetzt ist Gaza seit dem 2. März erneut abgeriegelt. Laut Vereinten Nationen kommen weder humanitäre Hilfe, noch kommerzielle Güter nach Gaza hinein, auch kein Treibstoff. Und das ist eine Strategie des Aushungerns, auch deswegen, weil die Menschen in Gaza nur noch wenig Möglichkeiten haben, sich selbst zu versorgen, weil 90% der landwirtschaftlichen Nutzflächen nicht mehr nutzbar sind. Und dann haben wir noch das Verbot oder auch die Kriminalisierung der UNRWA, des UN-Hilfswerks für die palästinensischen Flüchtlinge als der einzigen Organisation, die logistisch jetzt gerade in der Lage wäre, eine Versorgung der Menschen in Gaza sicherzustellen.”1
(Kristin Helberg, Journalistin und Nahost-Expertin – Zeit zu reden: Völkerrecht, Diskussionspanel vom 30.4.2025, YouTube-Kanal von Zeit Zu Reden)
- Anm. JJ: Unbedingt empfehlenswertes Video zur Diskussionsrunde. [↩]