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No 719

“Und zu der Frage, wie ich mich positionieren würde zu dem Osloer Prozess. Ja, der Osloer Prozess war für viele ein Schimmer der Hoffnung, allerdings hat es eben keine… man kann eigentlich keine positiven Entwicklungen verzeichnen, die eben aus diesem Prozess resultierten… Wenn man sich auch diese Abkommen anschaut, ich meine, Oslo I wird zwar als Abkommen bezeichnet, ist allerdings einfach nur eine allgemeine Prinzipienerklärung auf Grundlage derer Oslo II sozusagen dann verhandelt worden ist. Weder Oslo I, noch Oslo II spricht vom Selbstbestimmungsrecht der Palästinenser*innen, auf Staatlichkeit wird auch nicht verwiesen. Man hat sich eben bewusst für vage Formulierungen entschieden, wie z.B. das >>legitime Recht<< der Palästinenser*innen. Was legitime Rechte sein sollen, wurde eben nicht definiert, bewusst ausgelassen, um sozusagen eben eine strukturelle Ambivalenz einzuflechten in diese Oslo-Abkommen. Man spricht von Autonomie, man hat eben Gaza eigentlich gänzlich ausgeklammert. Man hat das Westjordanland ins Visier genommen und dort das Territorium eigentlich vollkommen segmentiert in drei verschiedene Zonen, wo man eben, ja, nach Interesse, nach kolonialen, hegemonialen Interessen, eben einzelne Befugnisse garantiert oder zugestanden hat, was ja auch an sich eigentlich unvorstellbar ist. Und vor allem hat man sich eben Zone C, die ressourcenreiche Zone, in der man eben Mineralien abbauen kann, wo eben die Wasservorkommen sind, da hat sich Israel sozusagen eigentlich gänzlich die staatlichen Befugnisse einbehalten. Und das sind 60% des Westjordanlandes. Und was daraus passiert ist, das sehen wir eben heute. Also letztlich ist es eben eine neokoloniale Pazifizierungsstrategie gewesen, die eben institutionalisiert wurde. Ob das Ganze auch völkerrechtskonform ist, das kann man auch in Frage stellen. V.a., also, wenn man sich anschaut, historisch, wann eben diese Verhandlungen stattgefunden haben: nach der ersten Intifada. Nach dem Fehltritt der palästinensischen Führung [die PLO, Anm. JJ], dass man eben Saddam Hussein zur Seite gestanden ist, völlig geschwächt, keinen diplomatischen Einfluss, keinen politischen Einfluss. Also, da war schon eine gewisse Form von Zwang, auch wie Palästinenser verhandeln mussten. Nicht direkt, sondern über irgendwelche Unterhändler. […] Und was auch fraglich ist: Dadurch, dass das Selbstbestimmungsrecht durch diese Osloer-Abkommen eben völlig übergangen wird. Das Selbstbestimmungsrecht der Völker ist eben nicht nur völkergewohnheitsrechtlich anerkannt, sondern eben auch eine Norm des zwingenden Völkerrechts, also ius cogens. Und diese Osloer-Abkommen tragen dem eben keine Rechnung. Und Artikel 53 der Wiener Vertragsrechtskonvention sieht eben vor, dass völkerrechtliche Verträge, die gegen diese zwingenden Normen des Völkerrechts verstoßen, nichtig sind.”

(Khaled El Mahmoud, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Öffentliches Recht Universität Potsdam, Autor Völkerrechtsblog – Zeit zu reden: Völkerrecht, Diskussionspanel vom 30.4.2025, YouTube-Kanal von Zeit Zu Reden)

Jascha Jaworski

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