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Wiederholen hilft verfestigen: die Eurokrise

Um noch einmal grob den Hintergrund zur Eurokrise vor Augen zu halten, da ja nicht zu erwarten ist, dass sie sich in Wohlgefallen auflöst, hingegen die Propagandamaschinerie unermüdlich weiterläuft: Als die Eurozonenstaaten 1999 eine gemeinsame Währung einführten, fiel damit die Möglichkeit weg, einen unausgeglichenen Außenhandel über eine Veränderung der Wechselkurse zu beseitigen. War es zuvor so, dass die Unternehmen und Konsumenten einer Volkswirtschaft, z.B. Spanien, viel mehr von einer anderen Volkswirtschaft, z.B. Deutschland, kauften, als dorthin verkauften, gab es die Möglichkeit, dass die hierdurch bedingte erhöhte Nachfrage nach der Fremdwährung (hier: DM), deren Preis in der eigenen Währung (hier: Peseten) anstiegen ließ. Hierdurch wurden die ausländischen Produkte teurer, es wurde weniger importiert und somit konnten die Ungleichgewichte im Außenhandel verschwinden. 1999 fiel nun dieser Ausgleichsmechanismus weg, woraufhin es in der Folgezeit zu immensen Exportüberschüssen Deutschlands besonders gegenüber Südeuropa kam. Dies war wiederum eine Folge der niedrigen Lohnentwicklung und somit Preisentwicklung (für die Exportgüter und -dienstleistungen) in Deutschland. Für die politische Dimension hieran, genügt es, die Schlagworte Agenda 2010 und Hartz IV zu nennen. Kein Land innerhalb der Eurozone hatte eine derart niedrige und von der Zielvereinbarung gemäß EZB nach unten abweichende Preisentwicklung wie Deutschland. So wurde es zum Wirtschaftsmodell Deutschlands, dass die Arbeitnehmer_innen auf Löhne verzichtet haben, dafür billiger produzieren konnten (und weniger aus dem Ausland kaufen konnten), um hierüber Exportüberschüsse zu erzielen, die zwar erheblich zum Wirtschaftswachstum hierzulande beitrugen und Arbeitsplätze erzeugten, dies jedoch, indem sie die Nachfrage aus anderen Ländern abgriffen und somit Arbeitslosigkeit dorthin exportierten, diese Länder zudem in die Auslandsverschuldung trieben. Ein anderes Wirtschaftsmodell für Deutschland wäre möglich gewesen, indem nämlich die abhängig Beschäftigten ausreichend Lohn (und keine prekären Beschäftigungsverhältnisse) erhalten hätten, um für ihr eigenes Wirtschaftswachstum zu sorgen (d.h. Exporte gern, aber eben keine Exportüberschüsse). Anfangs kamen die südlichen Eurozonenländer mit dieser Situation noch zurecht, da sie genügend Nachfrage für alle erzeugten, indem etwa der Bausektor in Spanien eine Boomphase hatte und hierfür auch das nötige Kapital aus anderen Ländern erhielt. Als mit der Finanzkrise 2008 dann jedoch deutlich wurde, welche Fehlinvestitionen es in diesen Ländern gegeben hat, und welche schlechten Finanzprodukte aus den USA die eigenen Banken gekauft haben, haben die jeweiligen Staatssektoren Schulden ihrer Bankensektoren übernommen und teure Konjunkturprogramme aufgelegt, um ihre Wirtschaftssysteme vor dem Kollaps zu bewahren. Hierdurch weitete sich die tieferliegende Problematik der Finanzkrise jedoch auf die Staatssektoren aus. Die unverschämte Situation ist, dass vornehmlich durch die deutsche Regierung andere Eurozonenstaaten nun seit Jahren zu drakonischen Sparprogrammen gezwungen werden, die die Wirtschaftsleistung dieser Länder – die ja zu den besten Kunden deutscher Produkte zählten – immer weiter schrumpfen lässt. Hierdurch haben diese Länder es nun zum einen mit Massenarbeitslosigkeit zu tun (z.B. Spanien 25%, Griechenland 22%, Portugal 15%), zum anderen brechen ihnen die Staatseinnahmen weg, und des Weiteren explodieren die Zinsen für Staatsanleihen, so dass die Lage sich überhaupt nicht verbessern kann, wohin denn auch? Was Berlin von diesen Ländern fordert ist eine Unmöglichkeit. Diese Länder müssen weiterhin mit Außenhandelsdefiziten (v.a. gegenüber Deutschland) leben, verfügen über ein hoch verschuldetes Bankensystem, erhalten keine Privatkredite mehr zu akzeptablen Zinsen aus dem Ausland und werden gezwungen, im Gegenzug für EU-Kredite (EFSF) die Ausgaben und Löhne soweit zu kürzen, dass sie durch die schrumpfende Wirtschaftsleistung ihren Aufgaben immer schlechter nachkommen können. Zudem überweisen ihre eigenen Bevölkerungen aus Angst vor einem Währungsaustritt nun ihr Vermögen ins Ausland, so dass der Bankensektor immer weiter in Probleme gerät. Eine insgesamt absurde Strategie Berlins, da konsequent keine Maßnahme ergriffen wird, die die Situation für die anderen Länder erträglicher machen könnten: Keine Eurobonds oder gar Finanzierung der Staatsschulden dort über die Zentralbank, so dass die Zinsproblematik wegfällt. Keinen europäischen Einlagensicherungsfonds, so dass die Kapitalflucht aufhört. Keine ernsthaften Investitionsprogramme, so dass die Arbeitslosigkeit sich verringert und die Wettbewerbsfähigkeit steigt, ohne dass zugleich die Wirtschaftsleistung einbricht. Keine angemessenen Lohnerhöhungen in Deutschland, so dass endlich Schluss wäre mit dem Nachfrageraub, den Deutschland vollführt. Stattdessen wird hierzulande verstärkt mit Chauvinismus und Nationalismus reagiert auf eine Situation, an der Deutschland spätestens seit den Merkel’schen  Spardiktaten die zentralste Schuld trägt. Würde sich die Mehrheit hierzulande doch einmal hinsetzen, um sich die Kausalitäten vor Augen zu halten und auf Grundlage der Ergebnisse ihren (zumindest lokal ja häufig ganz funktionstüchtigen) Gerechtigkeitsmechanismus in Anwendung zu bringen, ich bin sicher, die Wahlumfragen für die neoliberale, sparfanatische Einheitspartei CDU/CSU, FDP, SPD, Grüne würden um einige Prozentpunkte nach unten nachgeben.

Jascha Jaworski

Ein Kommentar

  1. Kann ich nur zustimmen!! Die ganz große Koalition aus CDU/CSU/SPD/GRÜNE/FDP hat die europäische Einigung zerstört.Lohndumping, Export der Arbeitslosigkeit in andere EU Länder.

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