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Energiewende (Teil 2) – Gastartikel von Paul Weidmann

Der zweite Teil des Gastartikels von Paul Weidmann (Attac Kiel):

Energiewende (Teil 2) – Die Finanzindustrie kassiert, der Endverbraucher zahlt

Die Firma Tennet, ein holländisches Staatsunternehmen, hat vor 2 Jahren von dem deutschen Energiemulti EON das Stromübertragungsnetz gekauft. Energieübertragungsnetze, gleich welcher Art, versprechen künftige, langfristig gesicherte Renditen.

Weshalb ein Staatsunternehmen aus Holland privates Kapital sucht[1], wirkt auf den ersten Blick unverständlich, da sich Holland im Juli diesen Jahres Milliarden Euro am Kapitalmarkt für 15 Jahre zu einem Zinssatz von 2,2% besorgt hat. Wird das Fremdkapital durch Tennet auf dem Kapitalmarkt aufgenommen und eine Verzinsung von 5% garantiert, wie dies etwa für das Fremdkapital der Bürgerbeteiligung vorgesehen ist, dürfen die Endverbraucher sich darauf einstellen, dass sich die Differenz in den Preisen niederschlägt. Gehen wir einmal davon aus, dass 30 Mrd. Euro für den Netzausbau nötig sein werden, könnte eine erste Schätzung für diese Differenz, die die Endverbraucher zusätzlich zu tragen hätten, bei rund 800 Mio. Euro[2] veranschlagt werden.

Die Firma Tennet hat mit der Übernahme des Übertragungsnetzes auch die Verpflichtung, die Anbindung der Windparks in der Nordsee zu übernehmen. Die Anbindung eines Windparks in der Nordsee an das bestehende Netz an Land kostet ca. eine Milliarde Euro. Die Verzögerungen beim Bau der Leitungen und der Umspannplattformen können auch noch Schadenersatzforderungen der Windparkbetreiber nach sich ziehen. Aus diesem Grund zögerten private Geldgeber wohl noch, das dringend benötigte Kapital zur Verfügung zu stellen.

Werden zwischen Wirtschafts- und Umweltministerium neue Haftungsregeln erstellt, dürften sich die Geldgeber für die so risikolose Anlage problemlos finden lassen. Die Netzinvestoren bekämen dann die Zusicherung, dass sie bei möglichen Schadensersatzforderungen diese auf die Gemeinschaft der Stromkunden umlegen dürfen. Wieder einmal würde das Risiko also auf den Endverbraucher abgewälzt.

Das private Kapital müsste jetzt doch reichlich fließen?

Vor diesem Hintergrund wird ein Prozess vor dem Düsseldorfer Oberlandesgericht, den elf Strom- und Gasnetzbetreiber gegen die Bundesnetzagentur  angestrengt haben, erst richtig interessant. Die Bundesnetzagentur hatte den Netzbetreibern eine Verzinsung des Eigenkapitals in Höhe von 9,3% für Neuinvestitionen, sowie 7,6% für Altanlagen zugestanden. Die Netzbetreiber wollen jedoch eine Eigenkapitalrendite von 11% für ihre Investitionen haben.  Sollten die Düsseldorfer Richter den Forderungen der Netzbetreiber entsprechen, müssten die Strom- und Gaskunden diese überhöhten Kosten auch noch tragen.

Die Allianz-Versicherung, die Münchener Rückversicherungs-Gesellschaft und sogar ein amerikanischer Finanzinvestor  haben bereits angekündigt, langfristig Kapital für den Netzausbau zur Verfügung zu stellen.

Gerecht geht anders!

 

[1] Umweltminister Altmaier hat am 29.9.2012 im Interview mit der FAZ gesagt, dass die Betreiber verpflichtet seien, auch Fremdkapital aufzunehmen, wobei 15% des Gesamtkapitals für die Bürgerbeteiligung reserviert werden könne, http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/umweltminister-peter-altmaier-die-buerger-sollen-an-der-energiewende-verdienen-11908837.html

[2] Würden 30 Mrd. Euro vollständig aus Fremdkapital aufgebracht werden, führt ein Zinsnachteil, den Tennet bei einer Kreditaufnahme von 5% relativ zum holländischen Staat (2,2%) hätte, zu zusäzlichen Kosten von 840 Mio. Euro im Jahr (30 Mrd. Euro bei einer Zinsdifferenz von 2,8%). Hierbei handelt es sich um eine untere Grenze, besonders, da ein großer Teil des Netzausbaus aus Eigenkapital gestemmt werden soll, dem eine erheblich höhere Rendite zugesichert wird.

 

Jascha Jaworski

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