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Wird DIE LINKE in die Konsenssoße springen und “Neue Macht. Neue Verantwortung.” übernehmen?

Am Mittwoch (9.4.) wird der Bundestag über den Einsatz eines deutschen Kriegsschiffes bei der Vernichtung der syrischen Chemiewaffen im Mittelmeer abstimmen. Da das US-amerikanische Schiff, auf dem die Vernichtung im Mittelmeer durchgeführt werden soll, bereits von einem Ring aus US-Kriegsschiffen umgeben sein wird, hat Christine Buchholz (DIE LINKE) im Bundestag erst zurecht darauf hingewiesen, dass der geplante Einsatz des deutschen Kriegsschiffes überflüssig ist, und dabei die Vermutung angestellt, dass es sich eher um eine Symbolpolitik handelt, die die neue außenpolitische Linie der Bundesrepublik demonstrieren soll.

Wer sich mit der neu geplanten Außenpolitik noch einmal vertraut machen möchte, sei an dieser Stelle erneut auf die Studie “Neue Macht. Neue Verantwortung” hingewiesen, die sich als eine Art Blaupause für die künftige Außenpolitik Deutschlands darstellen dürfte. Ein Telepolis-Artikel von Paul Schreyer hatte im Februar bereits darauf hingewiesen, wie eine Reihe von militärischpolitischen Äußerungen, die konzertiert von Außenminister Steinmeier, Bundespräsident Gauck und Verteidigungsministerin von der Leyen in der Öffentlichkeit propagiert wurden, den Inhalten und teilweise sogar Formulierungen der Studie entsprechen. Auch ein kürzlicher Monitor-Beitrag zum Thema ist empfehlenswert.

Die Studie wurde in Kooperation eines deutschen1 und eines US-amerikanischen ThinkTanks2 angefertigt und bezog die Meinungen zahlreicher Elitenvertreter u.a. aus Bundestag, Außenministerium, Medien3, sowie einiger ThinkTanks ein. Wohin die Reise gehen soll, machen exemplarisch einige Zitate deutlich:

“Zum Schutz der internationalen Ordnung muss Deutschland notfalls bereit sein, militärische Gewalt anzudrohen oder anzuwenden.”

[…]

 

“Deutschland spielt inzwischen selbst in der Liga der globalen Akteure mit.”

[…]

 

“Die Bundeswehr muss weiterhin auf Einsätze jenseits von Europa vorbereitet werden.”

Es wird auch die bislang heterogene Haltung der Eliten in Sachen nicht-UN-mandatierter Kriegseinsätze thematisiert. Hier gibt es offenbar eine Reihe von Vertretern, die der Auffassung sind, dass Deutschland unter bestimmten Bedingungen auch ohne UN-Zustimmung einen somit völkerrechtswidrigen Krieg führen sollte (Wie der Kosovo-Krieg unter rot-grüner Regierung ja die Feuertaufe darstellte). Natürlich ist in diesen Fällen nicht die Rede von Krieg, sondern von “humanitärer Intervention” oder eben einfach “Einsatz”.

Für die Abstimmung am Mittwoch, was die Entsendung des deutschen Kriegsschiffes betrifft, wird das Verhalten der Mitglieder von DIE LINKE abzuwarten sein. Die Rede von Christine Buchholz, in der sie nicht nur darauf einging, wie überflüssig und problematisch der Einsatz ist – so ist etwa ein seltsam großes Einsatzterritorium vorgesehen – macht Hoffnung, dass DIE LINKE geschlossen dagegen stimmen wird. Derartige Abstimmungen stellen sich immer wieder als Bewährungsprobe für die Partei dar, ihr wird schließlich nur dann Regierungsfähigkeit seitens SPD und Grünen attestiert werden, wenn sie bereit ist, deutsche Truppen weltweit in Einsätze zu schicken (die natürlich stets auch die Gefahr von Kriegsgefechten beinhalten und darüber hinaus die Demonstration eigener Interessen mit militärischen Mitteln bedeuten). Es bleibt zu hoffen, dass DIE LINKE hier nicht ihre Grundwerte vergisst, indem sie sich dem instrumentalisierten Hegemonialbegriff der “Regierungsfähigkeit” unterwirft, der in Anbetracht einer Auslandseinsätze zumeist ablehnenden Bevölkerung4 eher als “Elitenfähigkeit” übersetzt werden sollte. Der Tanz um das “nationale Stammesfeuer” (Zuckermann) dürfte jedoch auch für einige Personen aus DIE LINKE zunehmend verführerisch werden. Dass die Partei sich hier selbst überflüssig machen würde, indem sie die Laufbahn der Grünen einschlägt und sich zur Zutat in der lang gescholtenen “Konsenssoße” (Gysi) macht, davon dürften viele friedensmotivierte Menschen überzeugt sein.

Abschließend noch die Rede von Frau Buchholz, in der sie auch darauf eingeht, dass aus Deutschland chemiewaffenfähiges Material an Syrien geliefert wurde. DIE LINKE wird daher in die Bundestagsabstimmung zum Kriegsschiffeinsatz einen eigenen Antrag zur Abstimmung stellen, “in dem von der Bundesregierung gefordert wird, keine zivil wie militärisch verwendbaren Güter, die zur Herstellung chemischer oder biologischer Waffen verwendbar sind, an Staaten zu genehmigen, die die Chemiewaffen- und die Biowaffenkonvention der Vereinten Nationen nicht ratifiziert haben.”

Über das Abstimmungsverhalten von DIE LINKE zum Kriegsschiffeinsatz, sowie zum Abstimmungsverhalten des Bundestages zum Zusatzantrag der Fraktion zur Eindämmung von Chemiewaffen werden wir an dieser Stelle noch berichten.

 

 

  1. Stiftung Wissenschaft und Politik, eine hauptsächlich regierungsfinanzierte Einrichtung zur Vorantreibung außen- und “sicherheits”politischer Fragen []
  2. The German Marshall Fund of The United States, der sich der transatlantischen Festigung und Förderung von Führungskräften verschrieben hat, die die transatlantischen Beziehungen voranbringen []
  3. Zur Verwobenheit führender deutscher Medienvertreter in transatlantischen Machtnetzwerken hatte erst Albrecht Müller (NachDenkSeiten) eine kleine Auflistung wiedergegeben. []
  4. und dies trotz des mainstreammedialen Trommelfeuers []

Jascha Jaworski

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