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Deutsche Wirtschaft – Alles wird gut! Die fundamentlose Hoffnung vieler “Experten”

Wie das Statistische Bundesamt [1] mitteilt ist das Bruttoinlandsprodukt (BIP) im 2. Quartal um 0,2% zurückgegangen, nachdem es im 1. Quartal um 0,7% angestiegen war. Das Bundesamt führt dies – mit Hilfe von vorläufigen Berechnungen für die Wachstumskomponenten (Ergebnisse nicht angegeben) – auf Rückgänge beim Export und den Investitionen zurück. Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) geht in seiner Interpretation deutlich gewagter vor und übertitelt die entsprechende Meldung [2] mit “Geopolitische Krisen dämpfen deutsche Wirtschaft im Sommerhalbjahr”.  Dabei kam die Ausführung des DIWs: “die wohl rückläufigen Ausrüstungsinvestitionen weisen auf erste Bremsspuren aufgrund der geopolitischen Krisen hin“, Wirtschaftsminister Gabriel offenbar so gelegen, dass er daraus – einschließlich des Wortes “Bremsspuren” – sein Hauptargument formulierte1 [3]:

Nach einem starken ersten Quartal hat sich das Bruttoinlandsprodukt im zweiten Vierteljahr schwächer entwickelt als von den meisten Experten erwartet. Die geopolitischen Risiken im Osten Europas und im Nahen Osten sowie eine schwächere Entwicklung im Euroraum haben vorübergehende Bremsspuren in der deutschen Wirtschaft hinterlassen. Hinzu kommt ein statistischer Effekt: Die ausgebliebene Frühjahrsbelebung im Baugewerbe nach der deutlichen Expansion im Vorquartal aufgrund des milden Winters belastet die wirtschaftliche Entwicklung im zweiten Vierteljahr. Im ersten Halbjahr insgesamt hat sich die Wirtschaftsleistung verbessert. Der Arbeitsmarkt hat sich weiter erfreulich entwickelt. Die Wachstumsraten in Deutschland dürften im weiteren Verlauf dieses Jahres wieder in den positiven Bereich zurückkehren. Die Risiken aus dem außenwirtschaftlichen Umfeld haben sich aber fraglos erhöht. Für die weitere Entwicklung kommt es entscheidend darauf an, den wirtschaftspolitischen Kurs zu halten.

Die dazuzugehörige Überschrift der Pressemitteilung [4] lautet zudem: “Gabriel: Geopolitische Risiken belasten derzeit die deutsche Wirtschaft, konjunkturelle Grundtendenz aber nach wie vor positiv”. Tatsächlich haben seit Beginn des Jahres die Exporte nach Russland und die Ukraine zusammen von Januar bis Mai 2014 im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 42%2 [5] – wohl auch auf Grund der verschlechterten Lage des russischer Rubel und der ukrainischer Hrywnja – abgenommen. Allerdings machten 2012 die Exporte nach Rußland (3,5%) und in die Ukraine (0,5%) nur 4%3 [6] aus. Der Warenexport in die Eurozone nahm innerhalb des gleichen Zeitraums um 2,5%4 [7] im Vergleich zum Vorjahreszeitraum zu.

Viele “Experten” gehen bei der Beschreibung der aktuellen Lage wie folgt vor:

Im zweiten Halbjahr könnte es sehr wohl zu einem weiteren Rückgang der Wirtschaftsleistung kommen, da das Auftragsvolumen der deutschen Industrie, das sie aus der Eurozone erhielt, im 1. Quartal von 2014 um 15%5 [8] zurückging.

Die deutsche Regierung beteiligt sich – in welcher Funktion auch immer – an  der Herbeiführung geopolitischer Konflikte und ist Hauptakteur bei der Durchsetzung von schädlichen Austeritätsprogrammen in der Eurozone.

Betrachtet man die Veränderung der Wirtschaftsleistungen unterschiedlicher Länder, die vergleichsweise weniger wirtschaftliche Schäden durch die Krise und ihre unsachgemäßen Bekämpfung erlitten haben, so präsentiert sich die profitträchtige6 [9] deutsche Wirtschaftspolitik von 2000 – 2008 ohne nennenswerte gesamtwirtschaftliche Erfolge. Mit der Krise 2009 konnte die deutsche Wirtschaft ihre durch Lohnzurückhaltung [10] gewonnenen Wettbewerbsvorteile innerhalb der Eurozone ausspielen, aber weder gegen die USA noch Schweden bestehen.growth-winner [11]Griechenland und Spanien konnten im Zeitraum von 2000 bis 2008 mit 3,7% bzw. 3,3% jährlichem Wirtschaftswachstum sogar beachtliche Erfolge erzielen. Die an Griechenland durchgeführte Schock-Therapie hat dem Land dann allerdings von 2009 bis 2013 jährliche Verluste der Wirtschaftsleistung von 5,2% beschert. Spanien, Portugal und Italien hatten eine Schrumpfung der Wirtschaftsleistung von jeweils ungefähr 1,5% zu ertragen.

Die Güte des Arbeits”marktes” zeigt sich nicht durch die Arbeitslosenzahl, sondern durch die Zahl vernünftig bezahlter, sozialversicherungspflichtiger und in ausreichender Stundenzahl verfügbarer Beschäftigung. Im Verlauf der deutschen Wirtschaftspolitik seit der Agenda 2010 wurde eben weder mehr Arbeit – in Form von insgesamt geleisteten Arbeitsstunden – geschaffen, noch haben Vollzeitjobs (-1,2 Mio.) zugenommen.avol [12]

Aber auch der durchschnittliche reale Stundenlohn ging – wie hier [13] berichtet – im 1. Quartal 2014 um 1% zurück. Die Hoffnung auf einen intensiven, konsumbedingten Aufschwung besteht offensichtlich auch nicht.

Die Verbreitung der Politik der Lohnzurückhaltung oder der extremeren Politik der Lohnkürzung führt in eine deflationäre Abwärtsspirale, die nur schwer verlassen werden kann. Man sollte also – im Gegenteil – möglichst schnell den bisherigen wirtschaftlichen Kurs verlassen!

  1. mit Hervorhebungen des Autors [ [14]]
  2. Quelle: Statistisches Bundesamt [ [15]]
  3. 44 Mrd. von 1.096 Mrd. Euro, 2012 [ [16]]
  4. Quelle: Bundesbank [ [17]]
  5. Quelle: Statistisches Bundesamt; preis-, kalender- und saisonbereinigte Daten [ [18]]
  6. insbesondere für exportstarke Konzerne [ [19]]