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Über die Benutzeroberfläche und ihre Konstrukteure

Die modernen Zeiten bringen es so mit sich, dass man als „Bürger“ in zwei parallelen Welten leben kann. Hierbei soll es nicht um die Möglichkeit gehen, dass man sein Leben im Cyberspace als Elfenkrieger verbringen kann. Das kann man natürlich, wenn man sich die entsprechende Hardware zulegt und die Elektronikbranche bereichert, um die eigene Lebenszeit entsprechend zu entreichern. Es soll auch nicht um die Gegenüberstellung der physischen vs. geistigen Welt gehen, die ja eher in Philosophie und Wahrnehmungspsychologie von Belang ist. Die Welt, die ich meine, dreht sich um jene, in die der „Bürger“ geschoben wird. Dafür, dass er oder sie sich mittlerweile nicht mehr als Untertan bezeichnen muss, wurde nämlich ein hoher Preis bezahlt: die Überleitung mittelalterlicher Herrschaftstechniken, v.a. Götter und Glauben, und wenn dies einmal nicht genügte, deftige Gewalt, in das System der alltäglichen Benutzeroberfläche, die schlicht der Pseudoorientierung der Bevölkerungsmehrheit dient und die Wesentlichkeiten der gesellschaftlichen Mechanik ausblendet. Wer die Gelegenheit (v.a. Zeit, Interesse und Willen) hat, ein wenig ins Innenleben jenes Apparates zu schauen, der die Benutzeroberfläche hervorbringt, weiß, was gemeint ist. Und auch die meisten Menschen in unseren Breitengraden dürften mittlerweile ein Gespür dafür entwickelt haben, dass viele Erzählungen, die von den Prägern der öffentlichen Meinung propagiert werden, wohl doch nicht ganz stimmen können. Doch ist das Bild, das sich hier ergibt wohl häufig zu flüchtig, als dass es nicht durch die nächsten aufmerksamkeitsbindenden Angelegenheiten (von Familie, Beruf und Alltagssorgen, bishin zu irgendwelchen Kaufentscheidungen oder Promi-Storys) wieder ins Vorbewusste verschwinden könnte. Wer sich jedenfalls für gesellschaftliche Entwicklungen interessiert, und politische Ereignisse im Größeren, sowie ihre Auswirkungen auf die Lebensverhältnisse vieler Menschen im Kleineren im Blick hat, der oder die braucht nur das kommerzielle Radio einzuschalten und bekommt auf einen Schlag mit, was mit der Benutzeroberfläche gemeint ist.

Wenn ich dem regionalen Oldiesender lausche, gruselt es mich doch in aller Regelmäßigkeit. Der Grusel bezieht sich darauf, in welcher Realität die Programmverantwortlichen ihre Mitmenschen offenbar einpferchen wollen, und häufig leider erfolgreich eingepfercht haben, da scheinbar keine programmkorrigierenden Massenbeschwerden eintreffen. Das kommerzielle Trommelfeuer muss man sich natürlich von solch einem Privatsender erwarten, schließlich sind die HörerInnen ja das Produkt und die Werbekunden die wirkliche Zielgruppe, deren Geschmack es zu treffen gilt. Und der Geschmack besteht darin, eine möglichst kaufkräftige, kauflaunige Zuhörerschaft zu erreichen. Doch auch die sonstigen nicht-musikalischen Programmbeiträge lassen erkennen, dass die ZuhöhrerInnen eben mehr als Objekt, denn als Subjekt betrachtet werden.

Sie sind Objekt der Sachverwalter eines Systems, das die Menschen möglichst fortführen soll von all jenen Dingen, die sich zwar fundamental auf die Rahmenbedingungen ihres eigenen Lebens auswirken, aber eben nicht nur in ihrem Interesse liegen (sollten), sondern zugleich im Interesse der Eliten, die unmittelbar über diese Rahmenbedingungen entscheiden. Und diese Eliten haben eben Größeres vor, wie wir ja etwa im Falle der durch westliche Fördergelder und Politmarionetten herbeigeführten Ukraine-Krise wissen. Diese wollen nicht nur mit der NATO nun gänzlich an Russlands Grenzen vorrücken und schon länger einen Raketenschutzschild aufbauen, der sich gegen die Achsenelemente „des Bösen“ richtet (zu denen offenbar auch Russland selbst gezählt wird, ansonsten hätte z.B. das unterbreitete Angebot einer Kooperation in dieser Angelegenheit ja angenommen werden können. Doch auch führende Think Tanks, machen deutlich, worum es hier wirklich geht). Ein Teil dieser Eliten will außerdem den Terrorismus endlich „ausrotten“, indem er Bomben auf ihn abwirft, denn auch wenn westliche Bomben (und nicht zu vergessen westliche Ausbildungsförderung) einen erheblichen Teil des terroristischen Fundaments von heute hervorgebracht haben, so werden noch mehr Bomben doch sicherlich dazu führen, dass dieser wieder verschwindet. Nun hat er schließlich auch seinen „Kollateralnutzen“ entfaltet und die Gesetzeslage der westlichen Welt in gewünschter Richtung konvergieren lassen. Handelt es sich jedoch um einen Terrorismus, der direkt im Dienste der Eliten steht, indem er sich gegen die “Unverbesserlichen” in dieser Welt richtet, die doch tatsächlich dem Kapital nicht den Vorrang vor allem anderen einräumen wollen, so wird er gar noch vom „Rechtsstaat“ honoriert. Für Terrorismus gibt es schließlich nur eine logische Bestimmungsregel: er ist dort, wo die Eliten sagen, dass er ist. Elitenlogik eben.

Ein Teil der Eliten, mit seinem Schwerpunkt hierzulande, will nun noch zur Bekämpfung solcher Gefahren, dass auch Deutschland endlich wieder die „Verantwortung in der Welt übernimmt“, die dem Land gebührt. Mit „dem Land“ ist hier freilich die klassische Arbeitsteilung gemeint, die da lautet: die Eliten dirigieren, die Kapitaleigner kassieren, die Medien applaudieren und die Söhne und Töchter aus dem Fußvolk marschieren, massakrieren und „fallen ehrenvoll im Kampfe“. Die Hinterbliebenen jener, die auf Geheiß der Befehlsgeber in den Tod schritten, dürfen dann mit besonderem Stolz auf „ihr Land“ blicken, das endlich wieder an der Sonne ist, da die EU als Großmachthebel dies möglich macht.  Zurück also zur altbekannten Großmachtrolle Deutschlands, in der es die Welt ja schon mehrmals hat spüren lassen, was deutsche „Verantwortung“ in Sachen Militärisches zu bedeuten hat. Und auch wenn der Terrorismus einmal schwach auf der Brust werden sollte, weil Obama ihn nun endgültig wegbombt, dann müssen schließlich noch die „Handelswege verteidigt werden“. Das deutsche Land, pardon, seine Eliten, haben ja nicht aus Jux und Tollerei die gesteigerte „Wettbewerbsfähigkeit“ durch die verordneten Armutsprogramme Hartz- und Renten„reform“ dadurch ergaunert, dass unter einer Druck- und Drohkulisse der Faktor Kapital von „Kosten“ befreit, bzw. der Faktor Arbeit um Entlohnung betrogen wurde.

Ja, das alles will verteidigt werden. Und daher muss es (und noch unermesslich viel mehr) zugleich verheimlicht werden, und zwar vor dem „Bürger“. Nicht-Wissen (bzw. der Glaube an die Standarderzählung) ist wohl der Preis, den dieser zu zahlen hat, damit er sich weiterhin „Bürger“ und eben nicht Untertan nennen muss. Denn wäre die Aufklärung wirklich konsequent gewesen, so hätten nicht einfach die einen Eliten die anderen ausgewechselt. Die Feudalkaste wäre nicht einfach der Kapitalistenklasse aus vielen BigBusiness-Männern (und wenigen Frauen) gewichen, sondern es hätte sich ein Gemeinwesen entwickeln können, das auch ohne Benutzeroberfläche zur Pseudoorientierung und ohne Angriffskriege auskommt. Ein Gemeinwesen, in dem der o.g. Oldiesender seine Hörerschaft nicht mit Danone Joghurtangeboten, Grillabendhinweisen, hohlen Gewinnspielen, Haustierstories und Hobbybefragungen in die Realität des politisch bewusstlosen Konsumfritzels wegverwalten oder sie eben mittels durchgereichter Elitenbotschaften und Gräuelfalschmeldungen1 über die Eliten-Widersacher indoktrinieren müsste. Es bräuchte wohl eine Aufklärung 2.0, damit auch das Oldiesenderprogramm von seiner falschen Verantwortung befreit würde. Doch bis dahin folgt es – wohl mehr unbewusst als bewusst – der „Weisheit“ des berühmten Verhaltenspsychologen und Taubendresseurs B. F. Skinner:

„Es ist ein Fehler anzunehmen, dass die Angelegenheit sich darum dreht, wie man die Menschen frei macht. Es geht darum, die Art und Weise zu verbessern, in der man sie kontrolliert.“2

(Burrhus Frederic Skinner – “I have been misunderstood”, An Interview with B.F.Skinner, Center Magazine, März/April 1972, pp. 63−65)

Ja, und von diesen Demokratiedresseuren regieren lernen, heißt siegen lernen. Somit sieht sich wenigstens eine kleine Gruppe von Dienstleistern in Zeiten der (herbeigeführten) Massenarbeitslosigkeit nicht von Perspektivmangel betroffen, den Eliten sei Dank.

 

  1. so geschehen etwa bei der Meldung, dass die Hamas das Tunnelsystem nutze, um ein Massaker an der israelischen Bevölkerung zu planen []
  2. Übers. Maskenfall, Original: “It is a mistake to suppose that the whole issue is how to free man. The issue is to improve the way in which he is controlled” []

Jascha Jaworski

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