Diesen Artikel drucken Diesen Artikel drucken
0

Propaganda und Krieg machen ja nur die anderen

Es sind doch stets die anderen, die in rückständigen und propagandistischen Zeiten oder Systemen leben, in denen Kriegshetze, Beutezüge und Angriffskriege betrieben werden. Man selbst hingegen lebt in einem System, das sich nur “verteidigt”, z.B. gegen den “Brandstifter” (Der Spiegel), den neuen “Zaren” (SZ) oder “Putins eiskaltes Spiel” (Focus). Kriege um Einfluss, Rohstoffe und Absatzmärkte gehen vom eigenen System heute nicht mehr aus, sie sind ein Relikt der Vergangenheit. Wir würden uns doch nicht narren lassen! Dumm waren die Menschen, die Kaiser Wilhelm folgten, und Opfer plumper Propaganda. Sie glaubten der kaiserlichen Presse. Unsere Presse jedoch betreibt keine Kriegshetze, sondern klärt auf und beschreibt, was “notwendig” ist. Wir leben ja in “modernen Zeiten”. Kriege, die von unserem Boden ausgehen, drehen sich um die Umsetzung der Menschenrechte und die Herstellung von Demokratie. Wirtschaftsinteressen verfolgen nur die anderen. Und das Völkerrecht haben wir nie gebrochen.

Ja, dies ist eine Mickey Mouse Version der beobachtbaren Welt. Zudem eine traurige, die dazu führt, dass selbst friedensmotivierte Bevölkerungen, die sich in einem Zeitalter, da so reichhaltig Informationen zugänglich sind, dennoch in den Nebel des Krieges führen lassen könnten. Denn die Merkmale der öffentlichen Meinung, zumindest von dem, was die veröffentlichte Meinung aus ihr macht, bleiben durch alle Zeiten hindurch die gleichen: Fakten lässt sie sich unterschlagen, Zusammenhänge lässt sie sich ausblenden. Interpretationen folgt sie aufgrund von Autorität, wenngleich diese nicht mehr mit Pickelhaube, sondern Schlips und Kragen oder grünem Wollpulli daherkommen kann, je nachdem welche Oberflächenmerkmale Seriösität ausstrahlen. Die öffentliche Meinung ist von allein kein Detektiv, der Informationen akribisch sammelt und kombiniert, um auf das richtige Bild zu schließen, das stets durch ein Störrauschen überlagert wird. Sie verwirft Falschinformationen nicht, nur weil es einmal ein Dementi gab. Wiederholung hingegen ist eines ihrer Wahrheitskriterien, wenn sie keine anderen erhält. Und die Möglichkeit der Wiederholung ist gerade jenen gegeben, die über die entsprechenden Ressourcen verfügen, um die Seiten vollzudrucken, durch deren millionenfachen Verkauf sie reich geworden sind.

Aber nein, das Denken in Einflusssphären und Handeln durch Volkerrechtsbrüche ist dem Westen ja ein fremdes. Er will schließlich nur “Frieden erhalten, Not lindern und Wohlstand fördern.” In dem Anspruch hat er auch eine lange Tradition, waren es schließlich die Worte, mit denen bereits Kaiser Wilhelm II. vor sein Volk trat.

Es bleibt zu hoffen, dass sich alle friedensmotivierten Menschen hierzulande und in anderen Ländern zusammenfinden, um Hetze, Militärlogiken, Propagandaunternehmungen und der Konstruktion von Kriegsrealitäten eine Absage zu erteilen. Auch wir verweisen daher auf die Initiative “Friedenswinter”, in der sich Menschen aus unterschiedlichen gesellschaftlichen Bereichen zusammengefunden haben. Zu hoffen ist, dass sich ihnen viele anschließen, so dass derartige Bestrebungen aus der Gesellschaft nicht mehr durch Diffamierungsversuche oder unangemessene Verallgemeinerungen ins Abseits gedrängt werden können:

“Aufruf: Friedenswinter 2014/2015 – Gemeinsam für den Frieden – Friedenslogik statt Kriegsrhetorik”

Siehe auch die geplante Demo für den 13.12. in Berlin. Oder die geplante Demo am gleichen Tag in Hamburg.

Und wer im Bekanntenkreis jene Menschen um sich hat, die nach wie vor davon überzeugt sind, dass Propaganda nicht im Westen und kriegerische Rohstoffinteressen nicht vom eigenen Boden ausgehen, könnte z.B. auf folgendes Befundmaterial verweisen:

Zum völkerrechtswidrigen Krieg gegen Jugoslawien und der Rolle der NATO:

“Es begann mit einer Lüge” (WDR-Dokumentation, 2001)

Zu Kriegspropaganda, PR-Agenturen und Medien:

“Im Osten nichts Neues – Alte Feindbilder, neue Propaganda” (Sabine Schiffer, Institut für Medienverantwortung, 18.7.2014)

Zum völkerrechtswidrigen Irakkrieg und anderen Kriegen “des Westens”, sowie der Rolle, die die Medien in ihnen gespielt haben:

“The War You Don’t See” (John Pilger, 2011, englisch)

Zur Schock-Doktrin (Krieg, Wirtschaftsschock, Folter), die u.a. im Irak zur Anwendung kam:

“The Shock-Doctrine” (Verfilmung von 2009 zu Naomi Kleins gleichnamigen Buch, englisch)

Jascha Jaworski

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Time limit is exhausted. Please reload CAPTCHA.