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Norbert Häring über den Double-Speak und die Pasok-Panik

“[…] Wenn in England dieser Tage die Wahlen offen für alle Klassen wären, wäre das Eigentum der Landbesitzer unsicher. Eine Agrarreform würde rasch verabschiedet werden. Wenn diese Beobachtungen also zutreffen, sollte unsere Regierung die dauerhaften Interessen des Landes gegen Neuerungen schützen. Die Landbesitzer sollten einen Anteil an der Regierung haben, um diese unschätzbaren Interessen zu fördern und die anderen auszugleichen und zu kontrollieren. Sie sollten so ausgestattet sein, dass sie die Minderheit der Wohlhabenden gegen die Mehrheit schützen.”1 [1]

 

(James Madison, Debatte im Rahmen verfassungsgebenden Versammlung der Vereinigten Staaten, Notes of the Secret Debates of the Federal Convention of 1787 [2])

Ein unschöner Umstand, der zu Zeiten des Verfassungsgebers James Madison bekannt war, dass nämlich mit der Einführung der Demokratie plötzlich die Mehrheit der Habenichtse in den Wahlen der Minderheit der Wohlhabenden wählt, ist mit der Einführung des allgemeinen Wahlrechts auch beim demokratischen Nachzügler Europa zum Problem (der Minderheit) geworden. Nun verfügt diese Minderheit jedoch über mediale Strukturen und ökonomische Institutionen, die in den letzten Jahrzehnten recht erfolgreich dazu in der Lage waren, Machtverhältnisse zu verbergen und das, was Machtverhältnissen entspringt – Armut in Anbetracht nie dagewesener Reichtümer, Ungleichheit, wie sie seit den 1920er Jahren nicht mehr zu beobachten war – als ökonomische ‘Rationalität’ in einer Welt der Alternativlosigkeiten darzustellen.

Mit dem Wahlsieg von SYRIZA jedoch wird deutlich, dass diejenigen, die an Alternativen glauben, eben doch nicht nur naive Phantasten oder böse Populisten sind, sondern zu Weilen eben international renommierte Ökonomen oder charismatische Vertreter einer Bevölkerungsmehrheit, die diskussionswürdige Vorschläge in die öffentliche Meinung tragen. Aber keine Angst, neben der institutionellen Macht hat die Minderheit der Wohlhabenden natürlich noch ihre erprobten Illusionskünstler. Diese sollen einer Mehrheit andernorts (z.B. hierzulande) dann entweder weis machen, sie gehörte zu den Wohlhabenden, oder, die Illusionskünstler selbst würden die Interessen der nicht-wohlhabenden Mehrheit vertreten. Zur Anwendung kommt also ein Verfahren der zielgruppenorientierten Meinungsrotation. Wie das funktioniert, und was es in seiner momentanen Ausprägung über den Zustand der Minderheitsvertretung verrät, das stellt Norbert Häring in einem empfehlenswerten Beitrag auf seinem Blog dar:

“Die SPD in Pasok-Panik – Double-Speak ist nicht der Ausweg” [3]

 

  1. Übers. Maskenfall, Original: “In England, at this day, if elections were open to all classes of people, the property of the landed proprietors would be insecure. An agrarian law would soon take place. If these observations be just, our government ought to secure the permanent interests of the country against innovation. Landholders ought to have a share in the government, to support these invaluable interests, and to balance and check the other. They ought to be so constituted as to protect the minority of the opulent against the majority.” [ [4]]