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No 210

“Über die letzten fünf Jahre haben die EU und der IWF Griechenland bislang ungekannte Austeritätsmaßnahmen auferlegt. Diese sind schwerwiegend gescheitert. Die Wirtschaft ist um 26% geschrumpft, die Arbeitslosigkeit ist auf 27% angestiegen, Jugendarbeitslosigkeit auf 60% und der Schuldenstand ist von 120% auf 180% des BIP gesprungen. Die ökonomische Katastrophe hat zu einer humanitären Krise geführt, mit mehr als 3 Millionen Menschen auf oder unter der Armutsgrenze […]
Vor diesem Hintergrund hat die griechische Bevölkerung die Syriza-geführte Regierung am 25. Januar mit einem klaren Mandat gewählt, um der Austeritätspolitik ein Ende zu setzen. In den nachfolgenden Verhandlungen machte die Regierung klar, dass die Zukunft Griechenlands in der Eurozone und der EU liegt. Die Gläubiger jedoch bestanden auf der Fortführung ihres gescheiterten Rezepts, verweigerten über eine Teilabschreibung von Schulden überhaupt zu diskutieren – welche der IWF aktenkundig für untragbar hält [die Schulden, JJ] – und stellten schließlich am 26. Juni ein Ultimatum an Griechenland durch das Mittel eines nicht verhandelbaren Maßnahmenpakets, das die Austerität weiter verankern würde. Dem folgte die Aussetzung der Liquiditätsversorgung griechischer Banken und somit die Auferlegung von Kapitalverkehrskontrollen.
In dieser Situation hat die Regierung die griechische Bevölkerung dazu aufgefordert, in einem Referendum, das Sonntag stattfindet, über die Zukunft des Landes zu entscheiden. Wir glauben, dass dieses Ultimatum [der Gläubiger, JJ] an die griechische Bevölkerung und Demokratie abgelehnt werden sollte. Das griechische Referendum gibt der Europäischen Union eine Chance, ihre Verpflichtung gegenüber den Werten der Aufklärung – Gleichberechtigung, Gerechtigkeit, Solidarität – sowie gegenüber den Prinzipien der Demokratie, auf denen ihre Legitimität beruht, neu zu formulieren. Der Ort, an dem die Demokratie geboren wurde, gibt Europa die Gelegenheit, sich im 21. Jahrhundert gegenüber seinen Idealen neu zu verpflichten.”

(Aufruf im Guardian – Greeks, don’t give in to the EU’s austerity ultimatum, 29.6.2015, Übers. Maskenfall)

Jascha Jaworski

4 Kommentare

  1. Das Ziel der Konservativen in Europa, vorneweg Merkel und Schäuble, eine linke Regierung in Griechenland zu verhindern. Das fing an schon mit Wahlbeeinflussungen vor der Wahl und diese scheinheiligen Verhandlungen mit der gewählten Regierung in den letzten 5 Monaten. Die Konsequenz konnte nur ein Referendum sein. Ich würde es begrüßen, wenn unsere Politiker den Mut aufbringen würden und Rückgrat hätten auch solche Entscheidungen zu treffen. Griechenland wird ein neues Abkommen erhalten, schon weil es Mitglied der Nato an der Südfront ist. Washington wird dafür sorgen und die europäischen Politiker sind wieder einmal blamiert.

  2. Merkel befindet sich in einer Loose -Loose Situation. Den Koma Patienten GR lässt sich nur noch mit mehr Milliardenhilfen am Leben erhalten, wobei der Aderlass die Hilfen weiter erhöht. Ein Milliarden Loch der Steuerzahler. Die Mehrheit der Deutschen ist für einen Grexit, den sich aber Merkel politisch nicht leisten kann. Genauso wenig eine Kursänderung, weil andere Länder Gefahr laufen nach links abzudriften. Ein drittes Rettungspaket wird im Bundestag durchkommen. Bei einem 4. Rettungspaket folgt die Abwahl Merkels.

  3. Stephan Schulmeister schildert die Krise in 7 Etappen:
    “In 43 Jahren als Wirtschaftsforscher habe ich noch nie ein solches Konzentrat an blanken Lügen wahrgenommen wie in Bezug auf Griechenland (die Regierung habe keine Konzepte geliefert etc. etc.). Die meisten Journalisten haben das einfach abgeschrieben.”

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