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No 222

“Detjen: Lassen Sie uns über Publizistik sprechen, über das Verlegen von Zeitungen, über Medien! Wie gehen Sie mit der Medienmacht um, die Sie haben, die Ihnen zugeschrieben wird?
Springer: Ich weiß gar nicht, ob das wirklich eine Medienmacht ist, ob das so ist. Ich bin ja nicht im operativen Geschäft. Ich bin ja im Aufsichtsrat. Ich würde nie einen Artikel in unseren Zeitungen irgendwie kritisieren. Also im Nachhinein vielleicht, man kann mal darüber sprechen. Aber ich …
Detjen: Tun Sie nicht, wenn Ihnen etwas nicht gefällt? Das kann Sie ja nicht kaltlassen, wenn in Ihren Zeitungen was steht, was Ihnen nicht gefällt!
Springer: Nein, nein, darüber rede ich schon mit dem Chefredakteur, aber dann ist es passiert. Ich würde das nicht beeinflussen wollen. Das tu ich nicht. Dann spricht man drüber! Der Aufsichtsrat hat ja die Aufgabe, den Chefredakteur zu wählen, auszusuchen nach dem Vorschlag des Vorstands. Und er stellt sein Team dann zusammen. Da würde ich nicht sagen, also diesen Auslandskorrespondenten, den würde ich nicht nehmen, den mag ich nicht, so was gibt es nicht bei uns!
Detjen: Aber wie muss man sich das praktisch vorstellen? Friede Springer liest morgens die Zeitungen, die in ihrem Haus entstehen, …
Springer: Ja, sehr gründlich, ja!
Detjen: … guckt ins Internet, was machen die da, und dann fällt Ihnen etwas auf, dann greifen Sie mal zum Telefonhörer und rufen den Chefredakteur an. Oder ruft man dann den Vorstandsvorsitzenden an?
Springer: Das kommt schon mal vor, das kommt schon mal vor, ja.”

(“Ich würde nie einen Artikel in unseren Zeitungen kritisieren”, Interview von Stephan Detjen mit Friede Springer, Deutschlandradio, 24.9.2015)

Jascha Jaworski

2 Kommentare

  1. Ich bin mir nicht sicher ob es den Herrn Springer überhaupt interessiert, was in seinen Zeitungen steht, solange es ihm am Ende des Monats einen ordentlichen Profit beschert.

    • Herrn Springer wohl nicht mehr, liegt man erst einmal unter der Erde, relativiert sich alles. Frau Springer schon eher, denn Profit will nicht nur auf ökonomischer, sondern eben auch auf Ebene der öffentlichen Meinung gesichert sein. Und in einem Land, in dem Millionäre von Betriebsvermögen komplett von der Erbschaftssteuer frei gestellt werden (nachdem bereits die Vermögenssteuer suspendiert wurde), so dass die Verhältnisse, bei denen das obere 1% so viel besitzt, wie 90% der Bevölkerung zusammen sich noch weiter feudalisieren könnnen, darf man nicht zu sehr darauf aufmerksam machen, dass 1,6 Mio. Kindern im ALG II pro Tag ein Regelbedarf von rund 3 Euro für Nahrung und Getränke zugestanden wird. Hier darf man die Menschen also nicht zu sehr verunsichern und muss durch die geeignete Themensetzung, durch Vernebelung von Zusammenhängen oder Verbreitung von Leistungsmythen und Neidpropaganda für das “richtige”, nämlich das falsche Bewusstsein sorgen. Und ein schonungsloser Artikel von einem Prof. Butterwegge wird eben nur in genossenschaftlich organisierten Kleinmedien abgedruckt: http://www.jungewelt.de/2015/09-25/001.php
      Die Konsensfabrikation in als “frei” propagagierten Systemen ist eine hohe Kunst, die ihre politökonomischen Voraussetzungen hat.

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