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No 238

“Ausschreitungen und Straftaten von Ausländern sind irgendwie schlimmer als die von Inländern, stimmt’s? Schaut man sich die in Gruppen begangenen Sexualdelikte, Körperverletzungen und Eigentumsdelikte deutscher Männergruppen im Ausland an, sagen wir auf dem Ballermann, so kann man allerdings qualitativ keinen großen Unterschied entdecken. Der Mallorquiner hält von käsefarbenen, Sangria kotzenden Frauenbelästigern aus Köln ungefähr so viel wie der Deutzer von schwarzhaarigen Handyräubern. Zwei Unterschiede gibt es freilich. Erstens: Die deutsche Männergruppe lässt auf dem Ballermann ein paar Hunderter zurück. Ob das die Ehre der Frau rausreißt?
Zweitens: Der Ausländer ist im Inland auffälliger. Wenn also zum Beispiel 30.000 blonde Männer mit durchschnittlicher Körpergröße von 1,82 Metern und Durchschnittsgewicht von 105 Kilogramm von Frankfurt nach Bangkok, Manila oder Saigon fliegen, um dort minderjährige Prostituierte zu erniedrigen und jede flüchtig lächelnde Verkäuferin im Andenkenladen anzugrapschen, dann mag dies dem kleinen thailändischen Mann als >>unfassbar<< auffallen. Der Deutsche sieht das naturgemäß anders. Ihm fällt sein Tun auch in Bangkok nicht auf, weil er halt überall auf der Welt beliebt, zu Hause und ein echter Inländer des Herzens ist. Merke: Die deutsche Männergruppe nimmt ihr Inland einfach mit. Schon allein wegen der Korrektheit: Hier mein Abbuchungsbeleg, wo bleibt der gebuchte Oralverkehr mit Schlucken und Fußpflege?”1

(Thomas Fischer, Jurist und vorsitzender Richter am Bundesgerichthof – Unser Sexmob, Kolumne auf Zeit Online, 12.1.2016)

  1. Anm. JJ: Thomas Fischer dreht die Methode der abwertenden Nationalitätsverfechter hier m.E.n. auf lehrreiche Weise um und zeigt auf, wie leicht sich Stereotype auslösen lassen, die “Völker” in Geiselhaft nehmen, Merkmalskombinationen übergeneralisieren und Empörung hervorrufen. Wer es mit der Würde des Menschen ernst meint, sollte Forderungen nicht leichtfertig auf derartigen Bildern in den Köpfen basieren lassen. Woher Menschen auch immer kommen mögen und wie groß die “Wahrheit” auf den ersten Blick auch erscheinen mag. []

Jascha Jaworski

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