“Die israelischen Angriffe sind völkerrechtswidrig. Sie verstoßen gegen das in Art. 2 Ziff. 4 UN-Charta verankerte völkerrechtliche Gewaltverbot. Eine Rechtfertigung unter dem Gesichtspunkt der Selbstverteidigung scheidet aus, wie etwa Marko Milanovic auf EJIL Talk! zutreffend ausgeführt hat. Das Selbstverteidigungsrecht setzt nach Art. 51 UN-Charta einen bewaffneten Angriff voraus. Dieser muss gerade stattfinden oder zumindest unmittelbar bevorstehen. Beides ist vorliegend nicht der Fall. Der Iran hat Israel nicht angegriffen, und selbst wenn man ein präemptives Selbstverteidigungsrecht anerkennt, setzte dieses einen unmittelbar bevorstehenden Angriff (imminent attack) voraus, wofür auf der Grundlage der zur Verfügung stehenden Informationen keine Anhaltspunkte bestehen. Ein Recht auf präventive Selbstverteidigung, das also im Vorfeld eines unmittelbar bevorstehenden bewaffneten Angriffs ansetzte, ist völkerrechtlich nicht anerkannt. Der Verstoß gegen das Völkerrecht ist insofern offensichtlich.
An dieser völkerrechtlichen Bewertung ändert sich auch dadurch nichts, dass zwischen Israel und dem Iran kontinuierlich militärische Auseinandersetzungen stattfinden: Jede militärische Maßnahme muss für sich genommen völkerrechtlich gerechtfertigt werden, und die Berufung auf eine mögliche zukünftige Bedrohung durch die Entwicklung von Nuklearwaffen begründet gerade keine Selbstverteidigungslage.”1
(Mehrdad Payandeh, Professor für Internationales Recht, Europarecht und Öffentliches Recht an der Bucerius Law School – Mit zweierlei Maß – Die deutsche Position zu den israelischen Militärschlägen gegen den Iran, Verfassungsblog, 15.6.2025)
- Anm. JJ: Man kann es drehen und wenden, wie man möchte, Israel verstößt klar gegen das Völkerrecht. Dennoch rechtfertigen u.a. Bundeskanzler Merz und Verteidigungsminister Pistorius die Angriffe. Pistorius etwa sagte im Bericht aus Berlin: >>Israelis haben jedes Recht sich zu verteidigen – auch präemptiv<<. Dabei weiß er genau, dass der Satz propagandistisch ist, und mit dem nächsten Satz relativitiert er diesen auch, indem er sagt, dass es >>völkerrechtlich nicht so ohne Weiteres zu beurteilen<< wäre. Die deutsche Bundesregierung hat sich offenbar dazu entschieden, Völkerrechtsbrüche zu unterstützen. Im Grundgesetz Art. 25 heißt es jedoch: >>Die allgemeinen Regeln des Völkerrechtes sind Bestandteil des Bundesrechtes. Sie gehen den Gesetzen vor und erzeugen Rechte und Pflichten unmittelbar für die Bewohner des Bundesgebietes.<< Das Grundgesetz bindet also alle staatliche Gewalt an das Völkerrecht. Man kann somit sagen, die Bundesregierung steht nicht mehr auf dem Boden des Grundgesetzes. Liebe Mitbügerinnen und Mitbürger, das ist die Stunde des Protestes. [↩]