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No 555

“Nein, ich finde, dass es so gut wie keine Lobby gibt für Menschen, die von Armut betroffen sind. Die Nationale Armutskonferenz, die Wohlfahrtsverbände und auch Betroffeneninitiativen melden sich immer wieder ganz klar zu Wort, aber im politischen Alltag wird das nicht gehört. Eine Erklärung sehe ich in der großen Ferne vieler politisch Aktiver von der Lebenswirklichkeit der von Armut Betroffenen. Ich habe den Eindruck, dass vielen Politikern die Dimension des Problems in unserer Gesellschaft nicht bewusst ist. […]
Viele glauben, dass es sich ja nur um >>relative Armut<< handele, dass sich eben nicht alle eine Urlaubsreise oder das neueste Smartphone leisten können. Aber Menschen in prekären sozialen Verhältnissen sind im Schnitt 14 Jahre früher von chronischen Erkrankungen betroffen, ein von Armut betroffener Mann hat die mittlere Lebenserwartung eines Nordafrikaners, 30 Prozent erreichen nicht einmal das 65. Lebensjahr. Wir kennen Studien, denen zufolge langzeitarbeitslose Männer eine zwanzigfache höhere Suizidquote haben als Erwerbstätige. […]
Mein Eindruck ist, dass die meisten resigniert haben. Sie glauben nicht mehr, dass sie von der Politik ernst genommen werden. […]
Als ich 2021 für den Bundestag kandidierte, habe ich von vielen wohnungslosen Menschen gehört: >>Doc, ich war jetzt das erste Mal im Leben wählen<<. Das war für mich das Wichtigste an meinem Wahlkampf.”

(Gerhard Trabert, Sozialmediziner und Kandidat für das Amt des Bundespräsidenten 2022 – Gerhard Trabert im Gespräch – >>Ich würde auch als Bundespräsident aufs Mittelmeer fahren, um Menschen zu retten.<<, Migazin, 3.2.2022)

Jascha Jaworski

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