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Realitätsanker Wagenknecht in Zeiten der Postdemokratie

Nachdem die Bundeskanzlerin ihre Regierungserklärung abgesondert und auf großen Beifall bei der Einheitsgroßpartei gestoßen war, wurde auch der Opposition gestattet, einige Worte zu sagen.

Zusatz Jascha:

Wer noch einmal Daten dazu einsehen möchte, die dokumentieren, wie katastrophal es um die wirtschaftliche Lage der Eurozone bestellt ist – wenngleich medial hierzulande die negativen Entwicklungen weggeschwiegen oder weggejubelt werden – und wie die Kürzungsprogramme innerhalb der Eurozone gewirkt haben, die von CDU/CSU über den Europäischen Rat vorangetrieben, bzw. von der SPD befürwortet werden, möge auf folgende Grafiken schauen…

Hier die Entwicklung der Wirtschaftsaktivität in den südeuropäischen Ländern, Deutschland und der Eurozone 17:

BIP Entwicklung

Normiert wurden die Kurven auf das Jahr 2007. Gut erkennbar ist, wie hier der Wirtschaftseinbruch resultierend aus der Finanzmarktkrise in die Eurokrise übergeht, wobei die südeuropäischen Länder unter den Kürzungsprogrammen als Bedingung für die Bankenrettungen durch EFSF/ESM und EZB wirtschaftlich immer weiter einbrechen, ohne dass eine Erholung in Sicht ist. In Deutschland haben die Konjunkturprogramme hingegen die wirtschaftliche Lage wieder stabilisiert. Hinzu kommt, dass Deutschland durch seine Exportüberschüsse der Klotz am Bein der südlichen Eurozonenländer ist, da diese zunächst massive Defizite im Außenhandel gegenüber Deutschland verzeichneten und nun darunter leiden, dass Deutschland eine Abwertung des Euro verhindert. (Zur Logik von gemeinsamer Währung, Löhnen, Preisen und Außenhandelsungleichgewichten siehe hier).

Wie sich die Kürzungsprogamme und der anhaltende Wirtschaftseinbruch auf die Arbeitslosigkeit innerhalb der Eurozone ausgewirkt haben, siehe hier:

Entwicklung Arbeitslosigkeit

Dass die Kürzungspolitik sich auf ihr angebliches Ziel, nämlich die Staatsverschuldung zu senken (so war die anfängliche Begründung der Programme) gerade gegenteilig ausgewirkt hat, macht etwa folgende Grafik klar:

Staatsschulden

Worum es bei der Politik eigentlich geht, macht etwa folgendes Video deutlich:

Wer eine Begründung dafür haben möchte, weshalb die Kürzungspolitik etwa in Griechenland scheitern muss, sei auf einen kürzlichen Artikel von Günther Grunert verwiesen: “Austeritätspolitik in Griechenland: Ökonomische Verwüstung statt eines exportgetragenen Wachstums”

Wer Hintergrundinformationen dazu wünscht, was den Neoliberalismus kennzeichnet, wie der Systemwechsel seit den 70er Jahren aussah und was von der “Weisheit” der Finanzmärkte zu halten ist, von der Frau Merkel ja nachwievor überzeugt ist (Stichwort: marktkonforme Demokratie), wie Frau Wagenknecht in Ihrer Rede ausführt, sei auf einen hoch informativen Vortrag (ca. 45 min.) des österreichischen Ökonomen Stephan Schulmeister von 2012 verwiesen:

Leider kann die Große Koalition darauf bauen, dass der Bevölkerungsmehrheit hierzulande die aktuellen und noch bevorstehenden Entwicklungen schleierhaft bleiben. Die Menschen bekommen leider keine ökonomischen und gesellschaftlichen Rahmenkonzepte vermittelt, um zu verstehen, welche Einflüsse und politischen Entscheidungen in welcher Weise in ihre Lebensverhältnisse hineinwirken. Wenn dann plötzliche Krisen virulent werden, bleibt den meisten nichts anderes übrig als den häufig falschen Erklärungen des medialen Mainstreams und dem rechten oder neoliberalen Augenschein zu folgen (z.B. “Leistungsdefizit der Südländer”,  “zu wenig gespart”, “über die Verhältnisse gelebt” etc.). Ob noch rechtzeitig ein Umdenken in den Köpfen der Eliten erfolgt und das System neu “lernt”, wie Stephan Schulmeister es thematisiert, sei dahingestellt. Früher oder später wird dies nicht anders gehen. Die Frage ist nur, wie viel Leid bis dorthin entstanden ist.

Johannes Stremme

2 Kommentare

  1. Herzlichen Glückwunsch!
    Ein hervorragender Beitrag. Ihr solltet sehen, dass er über soviel Kanäle wie möglich verbreitet wird.
    Paul

  2. Paul Weidmann hat recht. Ein super Beitrag. Viele wichtige Fakten und hervorragende Hinweise. Der Beitrag liefert jede Menge Argumentationsfutter. Ich werde ihn weiterempfehlen. Macht bitte weiter so. Gruß Daniela

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