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No 370

“Die meisten rot-rot-grünen Gesprächskreise existieren nicht mehr und wenn wir ehrlich sind, fanden sie bei keiner der drei Parteispitzen jemals ernsthafte Resonanz. Zu stark waren die gegenseitigen Beißreflexe. Reflexe, die trotz der rechten Bedrohung, trotz der (zusammengenommenen) Verluste weiter dominieren. Die Mitgliederzahl der SPD, Linken und Grünen betrug 1995 zusammen noch knapp 1 Mio. Sie hat sich in 21 Jahren auf 550.000 fast halbiert. 1998 erreichten die drei Parteien bei den Bundestagswahlen noch 52,7%, gut 10 Jahre später dann nur noch 45,6% und 2017 nur noch 38,6% der Stimmen. […]
Es wird uns vorgegaukelt, man hätte nur noch die Wahl zwischen nationalistischen Rechtskonservativen und liberalen Konservativen. Das spätkapitalistische neoliberale System mit einer steigenden Ungleichheit stützt beide Richtungen. Viele unterstützen Merkels konturlose Alternativlosigkeit, wenn damit nur ein wenig scheinbare Liberalität verteidigt wird. Die ganz große Koalition stellt sich gegen Rechtspopulisten – und übernimmt dennoch deren Themen ohne eigene Perspektiven. Wir bräuchten nichts weniger als eine Revolte, einen Ausbruch aus der Komfortzone. Die Wahl des kleineren Übels wird uns nicht helfen.
Alle Umfragen – wie jüngst der Deutschlandtrend – zeigen, dass Themen wie Pflege, Bildung, bezahlbarer Wohnraum und Klima für viele Menschen zu kurz kommen. Es gibt in der Bevölkerung progressive linke Mehrheiten zur Sozialpolitik – oder zum Themenbereich Waffenexporte, Bundeswehreinsätze und Kampf gegen Fluchtursachen.”1

(Marco Bülow, Bundestagsabgeordneter der SPD mit Direktmandat – Bollwerk gegen rechts – Für eine linke Alternative, Tagesspiegel Causa, 23.7.2018)

  1. Um Orientierungen für progressive Politik zu erhalten, also eine Politik für die Vielen, die sich nicht scheut, die klassische Machtfrage zu stellen, lohnt neben anderem auch der Blick über den Atlantik, dazu DemocracyNow!: “Noam Chomsky on Alexandria Ocasio-Cortez’s “Spectacular” Victory & Growing Split in Democratic Party”, 27.7.2018 []

Jascha Jaworski

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